Wieso soviel Stress bei einer Bewerbung?

Wie geht es weiter nach Absagen? Was kann daraus gelernt werden? Lass andere an deinen Erfahrungen teilhaben. Berichte über gute und schlechte Erfahrungen bei der Stellensuche.
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Nike
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Wieso soviel Stress bei einer Bewerbung?

Beitrag von Nike »

Hallo,

in letzter Zeit Frage ich mich immer häufiger, warum es so wichtig ist, eine absolut perfekte Bewerbung zu schreiben. Mittlerweile lese ich mir hier vieles durch und natürlich schreibe ich auch selber.

An sich ist es mir klar, dass man schon hervorstechen muss, ein wenig erklären sollte, keine Rechtschreibfehler haben sollte und es übersichtlich/sauber sein sollte.

Aber bei manchen muss ich echt nur den Kopf schütteln. Warum muss das Papier extra toll sein? Warum die Farbe richtig schwarz und darf nicht abweichen? Warum muss man soundsoviel Zeilen abstände haben? Warum diese und jene Schriftgrösse? Und wenn ich mir die Verbesserungsvorschläge hier durchlese, bekomme ich teilweise immer wieder einen Schock. Bewerbungen, die ich einigermassen in Ordnung finde, werden dermassen korrigiert, wegen kleineren Fehlern wie "falschen" Wörtern (z.B. vielleicht). (das ist kein Angriff :wink: )

Ich frage mich halt, warum es so wichtig ist, dass man solche "perfekten" Bewerbungen schreiben muss? Die, die die Bewerbungen bekommen, sind doch auch nur Menschen. Und sie lesen es auch nur einmal. Teilweise lesen die doch soviel, fällt da das Wörtchen "vielleicht" überhaupt auf? (das "vielleicht" nehme ich jetzt nur mal so als beispiel -g-).
Warum darf nach "Sehr geehrter..." kein "ich" als erstes Wort kommen? Ist das so wichtig?

Dieses Jahr habe ich meine Bewerbungen drastisch geändert, Zeilenabstände kommen rein, wie ich es schön finde, mein Drucker druckt wegen der dummen Farbmischung zu schwarz nur gräulich. Auf den Inhalt achte ich zwar schon, aber wenn eventuell mal ein "vielleicht" rein kommt und sich nicht ändern lässt, lasse ich es so.

Manchmal frage ich mich, ob es irgendeinen anderen Bereich gibt, in dem sich jeder soviel Mühe machen muss. Individualität sehe ich fast gar keine mehr. Es ist fast immer das selbe Schema und darum nahm ich diesbezüglich auch vieles aus meiner Bewerbung raus und schrieb, was mir in den Sinn kam (z.B. Einleitung und Schlusssatz). Viele Bewerbungen habe ich nun gelesen und in wirklichkeit steht immer das gleiche drin (teamfähig, flexibel, belastbar, rasche auffassungsgabe usw.)

Ist das nicht schlussendlich auch sehr öde als Personaler etc.? Wieso nicht einen ganz neuen, frischen Wind? Wieso nicht wirklich Individuell?

Fragen über Fragen :shock:
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FRAGEN
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Beitrag von FRAGEN »

Klingt sympathisch, Nike ;-)

... wobei ich den Widerspruch zwischen Perfektionismus und Individualität nicht sehe. Im Gegenteil: Das Individuelle würde ich als den entscheidenden Aspekt einer perfekten Bewerbung sehen... ;-)
Nike
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Beitrag von Nike »

An sich trennen sich diese Dinge nicht, aber, wie ich finde, beim Bewerbungsschreiben gehören sie nicht mehr zusammen.

Nehmen wir ein Beispiel: Ein Individium gab sich mit einer Bewerbung sehr viel Mühe, holte sich Tipps usw und erreichte seinen persönlichen "Perfektionismus" (für manche ist das schon einen einfachen Text ohne Rechtschreibfehler, für andere einen 200 Seiten Aufsatz über den Sinn des Lebens zu schreiben). Jeder hat in dem Sinne eine eigene Auffassungsgabe über Perfektionismus. Aber wenn ich mir die Bewerbungen ansehe und was daraus gemacht werden "muss", sehe ich keinen individuellen Perfektionismus mehr.

Es ist ja alles das Gleiche. Es wiederholt sich einfach und ich sehe keinen Individualismus mehr.
ksmith
Bewerbungshelfer
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Beitrag von ksmith »

Nun ja, im prinzip stimmer ich Dir zu.

Früher war das alles viel einfacher.
Aber heute ist es nicht nur der Text der scheinbar perfekt sein muß, optisch und inhaltlich, sondern die gesamte Bewerbung an sich.

Nur weil irgendein Typ auf die Idee gekommen ist, die Klemmmappen für die Bewerbung zu verwenden, muß das jetzt jeder so machen. Wie früher einen Schnellhefter mit Klarsichtfolien geht schon mal gar nicht mehr.

Das durch diese Änderungen im ganzen, auch die Preise für Bewerbungen imens am steigen sind, ist das am Ende schon der falsche Weg.
Aber die Personaler von heute, und ich nehme da mal die jüngeren, haben diesen mist auf der Uni gelernt und sehen wohl den Bewerber nicht als Mensch,d er auch mal einen Fehler machen kann, sondern als jemand der perfekt zu sein hat.

Ich Denke mal, die Personaler der alten Schule, sind da nicht so hinterher. Für die ist der Inhalt der Bewerbung und die Qulaifikationen die der Bewerber mitbringt das wichtige.
Die Prioritäten liegen also anders als bei den jüngeren Personalern.

Gruß
Ken
Marlenchen
Bewerbungshelfer
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Re: Wieso soviel Stress bei einer Bewerbung?

Beitrag von Marlenchen »

Nike hat geschrieben:Manchmal frage ich mich, ob es irgendeinen anderen Bereich gibt, in dem sich jeder soviel Mühe machen muss. Individualität sehe ich fast gar keine mehr. Es ist fast immer das selbe Schema und darum nahm ich diesbezüglich auch vieles aus meiner Bewerbung raus und schrieb, was mir in den Sinn kam (z.B. Einleitung und Schlusssatz). Viele Bewerbungen habe ich nun gelesen und in wirklichkeit steht immer das gleiche drin (teamfähig, flexibel, belastbar, rasche auffassungsgabe usw.)

Ist das nicht schlussendlich auch sehr öde als Personaler etc.? Wieso nicht einen ganz neuen, frischen Wind? Wieso nicht wirklich Individuell?
Wirklich individuell benötigt aber Zeit, und die haben die meisten Bewerber nicht.

Hast du diesen Erfahrungsbericht schon gelesen? :wink:

Die Verbesserungen hier sind nur Vorschläge, und es wäre sicher besser, wenn mehr Bewerber die Vorschläge auch kritisch hinterfragen würden. Aber die Zeit... Zeit, sich erstmal über sich persönlich Gedanken zu machen und dann auch noch über die Stelle. Dann würden auch individuellere Bewerbungen herauskommen.

Generell sind die Personaler genauso heterogen wie die Bewerber. Als Bewerber muss man eben darauf hoffen, dass ein Personaler die Bewerbung bearbeitet, der ähnlich denkt wie man selbst.

Aber einige Regeln sollte man trotzdem beachten... :wink:
Nike
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Registriert: 23.11.2006, 21:37

Beitrag von Nike »

@ksmith

Das ist sehr interessant. Das wusste ich alles noch gar nicht, wahrscheinlich, weil vieles einfach vor meiner Zeit geschah und ich nicht die Einblicke habe, was in einer Uni gelehrt wird.

Obwohl ich gerade von älteren Herren erwartet hätte, dass sie dieses strenge Bild befolgen und die jüngeren Personaler von kreativen, individuellen Ideen begeistert sind, weil sie eben die Zeiten kennen, in denen wir heute Leben.

Das Problem wird aber sich sein, dass man gar nicht weiss, wie der Mensch ist, der von einem Post bekommt.

@Marlenchen

Nein, das kannte ich noch nicht. Aber ich finde, dies alles ist auch kein normaler Verlauf oder ein Verlauf, den man in etwa nachmachen kann. Es fängt ja schon beim Vorstellungsgespräch an, geht über ein weiteres Treffen im Fitnessstudio weiter und endet bei der Auswahl des Berufs.

Ich selber habe auch schon oft überlegt - was und wie schreiben? Seit langer Zeit überlege ich, da ich ziemlich schreibwütig und ausschweifend bin, meine Gedanken zu diesem Thema zu verfassen, meine Situation zu beschreiben und schlussendlich an die Vernunft des Lesers zu appellieren.
Das erste Anschreiben wurde sehr ausschweifend über Gott und die Welt und füllte zwei Seiten. Es entsprach leider nicht meinen Vorstellungen. Der zweite Versuch endete dann mehr in einem wirklichen Anschreiben mit dem üblichen Standart.

Meine kreativen dauerhaften Phasen endeten vor einiger Zeit und den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, ein solches Anschreiben zu erstellen, das meinen Vorstellungen entspricht, ist schwer und wie gesagt, soll dieses Anschreiben nun wirklich mehr eine Klarmachung und eine Bitte, mich einzustellen, sein.
Nun stellt sich aber auch die Frage - wem soll ich das schicken? Einem? Mehreren? Zu welchem Beruf passt das? Welche Lehrstelle würde ich für so einen Brief opfern? Und wenn ich mir diese Fragen stelle, bin ich geschockt über meine Mutlosigkeit, die nicht üblich ist, aber wohl von meiner Verzweiflung herrührt.
Heute Nacht starte ich eventuell einen weiteren Versuch.

Ja, die Tipps, die hier gegeben werden, finde ich ja auch in Ordnung, mich stört einfach nur dieses "muss". Man muss einfach eine perfekte Bewerbung schreiben und die entspricht wieder dem Standart.

Und dass Regeln zu beachten sind, finde ich auch ok, aber nur regeln, die das Aussehen und der Ordentlichkeit betreffen, der Rechtschreibung und Grammatik. Ein wenig Erklärungung sollte auch vorhanden sein, aber dieser Drill nach diesem "Perfekten-Standart", das ist für mich unverständlich.
ksmith
Bewerbungshelfer
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Registriert: 27.01.2006, 09:05

Beitrag von ksmith »

Wie ich ja gesagt habe, aber das ist nur meine eigene Meinung dazu, sehe ich bei den älteren und erfahreneren Personalern eher den eigentlichen Werdegang und die Fachkenntnisse eines Bewerbers und bei den jüngeren stehen eher andere Kriterien.

Hauptkriterium für eine erfolgreiche Bewerbung sollte in meinen Augen immer das Profil des Bewerbers, und nicht das Design der Bewerbung sein. Aber leider rückt das Design einer Bewerbung mehr und mehr in den Mittelpunkt.
Klar sollte eine Bewerbung ordentlich und fehlerfrei sein, aber in einem regulären Bürojob z.B. sollte das Design einer Bewerbung keine Rolle spielen. Es sollte auf die Fähigkeiten des Bewerbers ankommen.

Gruß
Ken
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