Einen schönen guten Abend!
Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückblicke, überkommt mich eine Mischung aus Traurigkeit, Scham und Verzweiflung.
Ich bin nun dieses Jahr 29 (!) Jahre alt geworden und habe nichts, aber auch wirklich gar nichts vorzuweisen.
Meine ehemaligen Mitschüler/-innen haben bereits längst eine Ausbildung oder ein Studium absolviert und viele, viele Jahre Berufserfahrung vorzuweisen und auch meine ehemaligen Kommilitonen/-innen befinden sich bereits im Masterstudium und/oder haben zumindest das Bachelorstudium und das Anerkennungsjahr hinter sich, während ich krankheitsbedingt einfach nicht mit der Bachelorarbeit fertig werde...
Ich möchte nun zunächst meinen mehr als bescheidenen Lebenslauf aufführen:
1999-2003: Besuch der Grundschule
2003-2009: Besuch einer Gesamtschule
----- hier habe ich es trotz meiner damaligen enormen Schüchternheit immerhin gewagt, an einer einjährigen freiwilligen Nachmittags-AG teilzunehmen (wir besuchten gemeinsam regelmäßig Senioren/-innen im Altenheim)
2009-2011: Besuch der gymnasialen Oberstufe der Schule X
----- Schulwechsel inmitten der 12. Klasse aufgrund von nicht aufhörendem Mobbing -----
2011-2013: Besuch der gymnasialen Oberstufe der Schule Y mit dem Abschluss der allgemeinen Hochschulreife
----- inkl. freiwilliger Wiederholung der 12. Klasse, da meine Noten sehr aufgrund des Mobbings gelitten hatten -----
Nun folgte das Übel...
2013-2015: Studium des Gymnasiallehramts mit den Fächern Englisch und Ethik an einer Universität
----- nach drei Semestern (davon ein Krankheitssemester) habe ich aus gesundheitlichen Gründen und aufgrund eines starken Neigungswandels das Studium abgebrochen ---
4/2015 - 5/2016: Krankheit in Form einer Angststörung mit hinzugekommenen Panikattacken, in Verbindung mit einer verstärkten depressiven Episode (Depressionen bestanden schon vorher, allerdings nicht in dieser Intensität)
----- In der Zeit hatte ich lediglich einen "Mini-Minijob" als Putzkraft, das waren einmalig vielleicht ~ 35 Stunden auf einige Tage verteilt -----
6/2016 - 8/2016: Aushilfe als Regalauffüllerin in einem Lebensmittelgeschäft
9/2016-8/2017: Freiwilliges Soziales Jahr in einer Tagesgruppe für Menschen mit Behinderung
10/2017-heute: Studium der Sozialen Arbeit an einer Hochschule
Ich befinde mich nun krankheitsbedingt bereits im neunten Semester... Mir fehlt zwar nur noch die Bachelorarbeit, aber ich schaffe es einfach nicht, ich bin so schrecklich depressiv, antriebslos, chronisch traurig... Ich muss sagen, dass sich das Ganze vor 1,5 Jahren, mit Beginn von Corona, so richtig intensivierte. Im letzten Semester habe ich den ersten Versuch der Bachelorarbeit vergeigt, da ich naiv an die Sache herangegangen war und mir dachte, dass das - trotz Krankheit - schon klappen würde. Pustekuchen...
Ich wollte in Anbetracht meines furchtbaren Lebenslaufs eigentlich keinesfalls noch ein zehntes Semester "hintendran hängen", aber es scheint, als ob kein Weg daran vorbeiführen wird... Professionelle Hilfe in Form einer Psychotherapie nehme ich seit knapp zwei Monaten in Anspruch, aber auf Knopfdruck ändert sich logischerweise nichts...
Während des Studiums habe ich lediglich zwei Pflichtpraktika absolviert. Ein Praktikum a ~ 160 Stunden in einem Treffpunkt für Menschen mit und ohne Behinderung und das andere Praktikum musste ich aufgrund von Corona splitten. 70 der 120 vorgesehenen Stunden absolvierte ich in einer Beratung für Schwangere und die restlichen 50 Stunden in einer Rehabilitationsklinik (Sozialdienst).
Im Laufe des vergangenen Jahres arbeitete ich als kurzfristig Beschäftigte (70-Tage Vertrag) als Kassiererin in einem Supermarkt.
DAS IST ALLES! Ist das nicht ein riesen Armutszeugnis für eine 29-Jährige?
Ich male mir schon seit längerem aus, dass mich unter DIESEN Voraussetzungen niemand jemals einstellen wird und ich mich bis zur Rente als Hilfsarbeiterin durchschlagen werden muss.
Ich wünschte, ich wäre vor allem während des Studiums deutlich aktiver gewesen und hätte viele freiwillige Praktika und/oder eine Arbeit als Werkstudentin aufgenommen, anstatt mich auf die Pflichtpraktika zu beschränken... Aber leider siegte die lästige Depression in Verbindung mit der dafür typischen Antriebslosigkeit...
Die Hoffnungslosigkeit, die ich mit meinem Lebenslauf und der sich daraus logischerweise nicht ergebenden Chancen verbinde, befeuert meine depressiven Phasen enorm.
Hinzu kommt die Lücke, die über ein Jahr beträgt und erklärt werden möchte - mit Krankheit kann und möchte ich nicht "argumentieren", da ich meine ohnehin geringen Chancen damit nur noch weiter schmälern würde.
Wäre ich als Jugendliche nicht so schüchtern gewesen, hätte ich gewiss nebenbei gearbeitet und hätte ich keine Depressionen erlitten, wäre eine fachspezifische Tätigkeit neben dem Studium sehr wahrscheinlich gewesen... Hätte, hätte, hätte... Wenn man die Zeit doch zurückdrehen und alles mit dem heutigen Verstand noch einmal durchleben könnte...
Ich bitte vielmals darum, etwaige Rechtschreib- und Grammatikfehler sowie die Länge meines Beitrags zu entschuldigen. Eigentlich wollte ich mich kürzer fassen.
Schätze ich meine geringen "Chancen" im sozialen Bereich realistisch ein, oder besteht doch noch Hoffnung?
...und wie umschreibe ich am besten die Krankheitsphase, ohne diese anzudeuten und selbstverständlich ohne zu flunkern?
Mit freundlichen Grüßen,
DieHoffnungStirbtZuletzt
Schrecklicher Lebenslauf - keine berufliche Zukunft?
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Re: Schrecklicher Lebenslauf - keine berufliche Zukunft?
Vielleicht solltest du zunächst einmal aufhören, auf dir selber herumzuhacken. Das kostet dich bloß Energie, die du anderweitig benötigst.
Ebenso ist es unproduktiv, über die Schüchternheit in deiner Jugend nachzudenken, das ist vergossene Milch, Schnee von gestern, der Drops ist gelutscht.
Bevor du jetzt weiter liest: Es kann sein, dass ich dich jetzt langweile oder du dich von mir unverstanden fühlst. Sollte dies der Fall sein, lies auf jeden Fall trotzdem den letzten Absatz! Der ist wichtig.
Die Frage die du dir bzgl. deiner Schüchternheit stellen solltest: Besteht die fort oder nicht? Denn wenn die fortbesteht, dann könnte es sein, dass Berufe mit Menschen eh nicht so deins wären und das könnte ggf. auch ein Grund dafür sein, dass du nicht mit der Arbeit fertig wirst, weil dein Unterbewusstsein sich dagegen sträubt, ins Berufsleben zu wechseln. (Ist nur ne Idee, die muss nicht stimmen, aber du kannst ja mal darüber nachdenken, ob da was dran sein könnte oder ob die total abwegig ist [kann ja sein]).
Die Frage ist nun, inwieweit deine Depression und dein vermeintliches Unvermögen mit dem Studium fertig zu werden, zusammenhängen. Die Depression wird sicher zur Antriebslosigkeit führen. Aber ist vielleicht auch umgekehrt deine Studiensituation mit ein Grund für die Depression?
Bzgl. Krankheit/Depression und Beruf - natürlich sind chronische oder potentiell chronische Krankheiten für Arbeitgeber unattraktiv. Und mit einer Depression könntest du dir z.B. eine Verbeamtung abschminken. ABER: Du bist nicht die erste Person mit einem verkorksten Lebenslauf und wirst auch nicht die letzte sein. Ich habe in einem Studiengang über 11 Jahre verbracht und danach eine postgraduale Ausbildung versemmelt. Ich war danach mehrere Jahre arbeitslos. Und jetzt: Jetzt arbeite ich und alles ist gut. Ich hatte im Übrigen auch Anflüge von Depression:
- als so nach und nach meine Kommilitonen verschwanden, die mit mir angefangen hatten und die Leute an der Uni immer jünger wurden. Ich habe das gar nicht verstanden, damals, dass ich da depressive Phasen hatte, weil ich die ganz gut mit Surfen im Internet überbrücken konnte (ich war damals bis zu 12 h am Tag im Internet). Aber Nachts konnte ich nicht schlafen.
- nach Versemmlung meiner postgradualen Ausbildung hatte ich erstmal ein euphorisches Hoch, aber als dann aus Monaten der Arbeitslosigkeit Jahre wurden, war ich natürlich auch depressiv verstimmt. Habe in der Zeit über 1000 Bewerbungen geschrieben. Anfänglich waren die total schlecht.
Als ich meine Ansprüche runtergeschraubt habe, kamen halt irgendwann die Jobs. Das waren zuerst Aushilfsjobs. Ich habe als Nachtportier gearbeitet und bei einem Getränkehändler als Auslieferungsfahrer (und ich bin eher nicht derTyp Muskelpaket und es in dem Jahr, in dem ich dort gearbeitet habe auch nie geworden). Aber auf dieser Grundlage ließ sich dann besser etwas suchen. Und mittlerweile arbeite ich in einem Bereich, der mit meinem Studium zu tun hat, habe größtmögliche Freiheiten und direkten Draht zum Chef. (Wir sind 1000 Mitarbeiter und mich dürfte die Mehrheit beim Namen kennen, durch alle Abteilungen, so "wichtig" bin ich im Betrieb.) Da war natürlich auch Glück dabei und manchmal komme ich mir vor, wie ein Blender.
Was ich jetzt mache, ist nicht mein Traumberuf, aber ich bin glücklich und erfahre jeden Tag Wertschätzung, von unserer Putzkraft bis zum CEO. Meine Vorgesetzten sind nur formal meine Vorgesetzten, ich mache alles auf eigene Verantwortung, mir sagt niemand, was ich zu machen habe.
Was ich damit sagen will: Es gibt Wege. Die eröffnen sich vielleicht nicht sofort. Sie können sehr verschlungen sein. Sie können darüber gehen, dass man seine Ansprüche herunterschraubt. Und natürlich benötigt man Resilienz.
Letzter Absatz!
Solltest du par tout dein Studium nicht beenden wollen/können ("lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende"), dann gibt es noch die Initiative studienabbrecher.de
Depression hin oder her: Du hast Abitur und zwei angebrochene Studiengänge. Das ist nicht nichts. So sehen es jedenfalls die Handwerkskammern und die Agentur für Arbeit. Das ist ein Potential, das die nicht auf der Straße liegen lassen wollen. Und somit hättest du auch als Studienabbrecherin eine Chance auf dem Ausbildungsmarkt und zwar mehr als nur als "Hilfsarbeiterin".
Ebenso ist es unproduktiv, über die Schüchternheit in deiner Jugend nachzudenken, das ist vergossene Milch, Schnee von gestern, der Drops ist gelutscht.
Bevor du jetzt weiter liest: Es kann sein, dass ich dich jetzt langweile oder du dich von mir unverstanden fühlst. Sollte dies der Fall sein, lies auf jeden Fall trotzdem den letzten Absatz! Der ist wichtig.
Die Frage die du dir bzgl. deiner Schüchternheit stellen solltest: Besteht die fort oder nicht? Denn wenn die fortbesteht, dann könnte es sein, dass Berufe mit Menschen eh nicht so deins wären und das könnte ggf. auch ein Grund dafür sein, dass du nicht mit der Arbeit fertig wirst, weil dein Unterbewusstsein sich dagegen sträubt, ins Berufsleben zu wechseln. (Ist nur ne Idee, die muss nicht stimmen, aber du kannst ja mal darüber nachdenken, ob da was dran sein könnte oder ob die total abwegig ist [kann ja sein]).
Die Frage ist nun, inwieweit deine Depression und dein vermeintliches Unvermögen mit dem Studium fertig zu werden, zusammenhängen. Die Depression wird sicher zur Antriebslosigkeit führen. Aber ist vielleicht auch umgekehrt deine Studiensituation mit ein Grund für die Depression?
Bzgl. Krankheit/Depression und Beruf - natürlich sind chronische oder potentiell chronische Krankheiten für Arbeitgeber unattraktiv. Und mit einer Depression könntest du dir z.B. eine Verbeamtung abschminken. ABER: Du bist nicht die erste Person mit einem verkorksten Lebenslauf und wirst auch nicht die letzte sein. Ich habe in einem Studiengang über 11 Jahre verbracht und danach eine postgraduale Ausbildung versemmelt. Ich war danach mehrere Jahre arbeitslos. Und jetzt: Jetzt arbeite ich und alles ist gut. Ich hatte im Übrigen auch Anflüge von Depression:
- als so nach und nach meine Kommilitonen verschwanden, die mit mir angefangen hatten und die Leute an der Uni immer jünger wurden. Ich habe das gar nicht verstanden, damals, dass ich da depressive Phasen hatte, weil ich die ganz gut mit Surfen im Internet überbrücken konnte (ich war damals bis zu 12 h am Tag im Internet). Aber Nachts konnte ich nicht schlafen.
- nach Versemmlung meiner postgradualen Ausbildung hatte ich erstmal ein euphorisches Hoch, aber als dann aus Monaten der Arbeitslosigkeit Jahre wurden, war ich natürlich auch depressiv verstimmt. Habe in der Zeit über 1000 Bewerbungen geschrieben. Anfänglich waren die total schlecht.
Als ich meine Ansprüche runtergeschraubt habe, kamen halt irgendwann die Jobs. Das waren zuerst Aushilfsjobs. Ich habe als Nachtportier gearbeitet und bei einem Getränkehändler als Auslieferungsfahrer (und ich bin eher nicht derTyp Muskelpaket und es in dem Jahr, in dem ich dort gearbeitet habe auch nie geworden). Aber auf dieser Grundlage ließ sich dann besser etwas suchen. Und mittlerweile arbeite ich in einem Bereich, der mit meinem Studium zu tun hat, habe größtmögliche Freiheiten und direkten Draht zum Chef. (Wir sind 1000 Mitarbeiter und mich dürfte die Mehrheit beim Namen kennen, durch alle Abteilungen, so "wichtig" bin ich im Betrieb.) Da war natürlich auch Glück dabei und manchmal komme ich mir vor, wie ein Blender.
Was ich jetzt mache, ist nicht mein Traumberuf, aber ich bin glücklich und erfahre jeden Tag Wertschätzung, von unserer Putzkraft bis zum CEO. Meine Vorgesetzten sind nur formal meine Vorgesetzten, ich mache alles auf eigene Verantwortung, mir sagt niemand, was ich zu machen habe.
Was ich damit sagen will: Es gibt Wege. Die eröffnen sich vielleicht nicht sofort. Sie können sehr verschlungen sein. Sie können darüber gehen, dass man seine Ansprüche herunterschraubt. Und natürlich benötigt man Resilienz.
Letzter Absatz!
Solltest du par tout dein Studium nicht beenden wollen/können ("lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende"), dann gibt es noch die Initiative studienabbrecher.de
Depression hin oder her: Du hast Abitur und zwei angebrochene Studiengänge. Das ist nicht nichts. So sehen es jedenfalls die Handwerkskammern und die Agentur für Arbeit. Das ist ein Potential, das die nicht auf der Straße liegen lassen wollen. Und somit hättest du auch als Studienabbrecherin eine Chance auf dem Ausbildungsmarkt und zwar mehr als nur als "Hilfsarbeiterin".