IT-Verwaltung nach pflegezeitbedingtem Studienabbbruch

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Adaric
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IT-Verwaltung nach pflegezeitbedingtem Studienabbbruch

Beitrag von Adaric »

Guten Tag,

ich habe folgende Ausgangslage:

Ich bin direkt nach meinem Abi an die Uni (Wirtschaftsinformatik) gegangen und habe dort in den ersten sechs Semestern sämtliche schulischen Module mit angemessenen bis guten Resultaten abgeschlossen.

Kurz vor der Anmeldung zum Praxissemester erkrankte mein Großvater und ich war gut zwei Jahre mit seiner Pflege beschäftigt. Durch eine Verkettung dämlicher, unglücklicher, und eigentlich unverzeihlicher Umstände blieb ich jedoch an der Uni eingeschrieben und habe nun die Mitteilung bekommen dass ich durch Überschreitung der maximalen Studienzeit exmatrikuliert werde (beziehungsweise dass nach automatischer Blanko-Einschreibung zur BA diese endgültig nicht bestanden wurde).
Ich befinde mich zwar im Widerspruchsverfahren da mich keine Mitteilungen bezüglich des formellen Nichtbestehens erreicht hatten, aufgrund meines Eigenanteils hinsichtlich 'hätte er trotzdem wissen müssen' und der definierten Unfehlbarkeit von Postzustellungen mache ich mir hier jedoch keine großen Hoffnungen.

Nun stehe ich ohne Abschluss oder Praxiserfahrung dar und habe in meiner Fachrichtung zwei Jahre nur Eigenstudium betreiben können und muss irgendwie in meinen Bewerbungen den Fokus auf meine Qualifikationen lenken und nicht durch die Auszeit und des Anscheins 'Dauerstudent' gleich als klassischer Aussiebkandidat ins Auge stechen.

Kurz zu meinem angepeilten Arbeitsplatz: Die Kernaufgaben sind Hard- und Softwarebetreuung, Verwaltung eines eShops, sowie gelegentliche Webprogrammierung.

Mein aktueller Stand mit Anmerkungen:
Sehr geehrter [Name],

Ich habe bereits mehrere Semester Wirtschaftsinformatik studiert und dort sämtliche schulischen Fachmodule absolviert. Durch eine längerfristige Pflege meines Großvaters konnte ich hierin jedoch keinen Abschluss erlangen. Da mittlerweile kein intensiver Pflegebedarf mehr besteht, möchte ich nun mein bereits erworbenes Wissen gewinnbringend auf dem Arbeitsmarkt einbringen.
----->Mein Plan hier war offensiv und knapp mit dem Thema umzugehen. Das Studium an sich ist ein guter Ansatzpunkt für die ausgeschriebene Stelle und unterstreicht nochmal dass ich das Wissen eines Ausstudierten besitzen sollte. Jedoch erscheint mir der Absatz im Moment noch zu negativ. Ebenfalls eignet er sich mE noch nicht sonderlich als Einleitung.
----->'Keinen Abschluss erlangen' besser durch das nicht ganz exakte 'konnte ich das Studium nicht abschließen/vervollständigen' ersetzen?
----->'Längerfristig' durch genaue Zeitangaben ersetzen?
=====>Um diesen Teil besser als Einleitung nutzen zu können, dachte ich auch an eine Umstellung auf ein eher klassisches "Nachdem ich zwei Jahre mit der Pflege meines Großvaters verbracht habe, bin ich nun [wieder?] bereit mein Wissen gewinnbringend auf dem Arbeitsmarkt einzubringen. Zuvor hatte ich im Studiengang der Wirtschaftsinformatik [in sechs Semestern?] die schulischen Fachmodule abgeschlossen." Dies würde logisch im nächsten Absatz fortgesetzt, erscheint mir aber noch zu generisch und kurz.


Durch das Studium und persönliche Interessen habe ich ein sehr gutes technisches Verständnis sowie ausgeprägte Fähigkeiten in der Analyse und Lösung von Problemen. Den Aufbau von eCommerce-Plattformen und dern Verwendung habe ich hierbei fächerübergreifend aus verschiedenen Perspektiven kennen gelernt. Ebenfalls waren Elemente der Webprogrammierung, insbesondere das Webscripting, Bestandteil meines Studiums. Diese Elemente habe ich außerdem im Eigenstudium weiter vertieft und durch verschiedene kleinere Projekte verfeinert.
----->Wie spezifisch kann/muss ich hier werden? Ein Unternehmen das Wirtschaftsinformatiker sucht sollte eigentlich aus 'abgeschlossene Fachmodule' schon das Profil ableiten können. Meine herausstechendsten Fächer waren im Cluster Organisation/Management/Recht (und Englisch), also Themengebiete die erst überhalb des Einsteigerpostens wirklich benötigt werden. Ebenfalls möchte ich eine stupide Abarbeitng meines Lebenslaufes/Zeugnisses möglichst vermeiden.

Darüber hinaus konnte ich in meinem fünfmonatigem Praktikum in der [xxxxxxx] AG bereits erste Erfahrungen in den Bereichen der Verwaltung und Systembetreuung erlangen. Neben allgemeinem Support bei Hard- und Softwareproblemen lagen hier insbesondere die Wartung der vorhandenen Hardware sowie die Installation und Aktualisierung der Software in meinem Kompetenzbereich.
----->Das Praktikum liegt nun auch schon fast drei Jahre zurück. Soll ich ihn trotzdem stehen lassen als praktisches Beispiel von erforderten Hardskills oder wirkt dies nur albern?

Aufgrund meines jahrelangen ehrenamtlichen Engagements im Pfadfinderbund [xxxx«x] e.V., davon knapp fünf Jahre als Gruppenleiter, bin ich es gewohnt verantwortungsbewusst, aufgeschlossen und unter Druck oder hoher Belastung zu agieren. Ebenso habe ich dort erfolgreich sowohl eigenständig als auch in Teams gearbeitet [und organisatorische Aufgaben übernommen]
----->Hieraus könnte ich so einiges mehr ableiten, wollte jedoch nicht zu dick auftragen.
----->Mir gefällt die Herleitung zur Teamfähigkeit nicht sonderlich. Irgendwelche Ideen dies besser hervorzuheben?
----->Teil in eckigen Klammern optional da eher für höhere Aufgabenbereiche relevant.


Sehr gerne würde ich bei Ihnen mein Wissen gewinnbringend einbringen und weiterentwickeln. Ich stünde Ihnen dafür ab dem 01.11.2017 in Vollzeit zur Verfügung [und würde mich sehr auf eine Einladung zum Vorstellugnsgespräch freuen]. Ein früherer Beginn wäre möglich, aufgrund familiärer Verpflichtungen könnte ich dann einige Montage jedoch nur halbtags arbeiten und müsste die Kalenderwoche 42 aussetzen.
----->Gefällt mir so gar nicht der Absatz. Während ich die erste Floskel noch gerade so iO finde, weiß ich einfach nicht wie ich den zweiten Teil am besten schreiben soll. Einfach auf den 1.11 versteifen ohne weitere Option? Erhebliche Veränderungen des Ausdrucks? Für ein Streichen würde sprechen, dass 'familiäre Verpflichtungen' nach einer Einleitung mit Pflegezeit eher nach 'könnte noch ein Problem werden' klingt.
----->Der Halbsatz in eckigen Klammern wenn die Option gestrichen wird. Ich bin beim hier viel gescholtenem Konjunktiv geblieben, da dieser auf so ziemlich allen anderen Seiten noch immer als Standard verkauft wird.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch einladen würden.

Mit freundlichen Grüßen,
XXXXXXX
Folgender Absatz ist bisher im Limbo:
Selbstverständlich habe ich mich ebenfalls privat stets weitergebildet und über Neuerungen informiert.
----->Ich überlege ob ich hier noch Spezifikationen zum Selbststudium einfügen soll. 'Mein Hauptfokus lag hierbei in den Bereichen Webscripting über JavaScript und jQuery, eCommerce über Magento, und C++-Analysen'. Dafür spräche dass dies persönlicher und spezifischer ist, jedoch sind dies recht unzusammenhängende Themengebiete und könnten dadurch zu 'wild' und unorganisiert wirken. Ein weiteres Problem ist, dass diese Schwerpunkte schon fast *zu* perfekt passen (Magento und Webscripting sind erwünschte Fähigkeiten) und dadurch unehrlich wirken könnten. Eine Alternative wäre Webscripting im Studienteil näher zu beleuchten und bzgl. Magento auf meinen Lebenslauf zu vertrauen.
----->Ebenfalls weiß ich nicht wie die Kombination 'Pflegezeit' und 'Eigenstudium' wirkt.
Eine große Frage für mich wäre noch folgendes: Die Pflegevollmacht lag bei meiner Großmutter und sie war auch auf den meisten Formularen vermerkt. Meine Aufgaben waren vor allem 'Taxi', Unterstützung bei Formularen und Amtsterminen für meien Großmutter, Unterstützung beim Aufstehen und Hinsetzen/-legen sowie An-, Um- und Ausziehen, sowie später Hilfe zur Muskelrückgewinnung und Wiedererlangung alter Fähigkeiten. Ich habe also im Wesentlichen die klassischen Elemente der Pflege mitübernommen und in einem erheblichen Umfang ausgeübt.

Kann ich trotzdem ohne Weiteres mich im Anschreiben auf eine Pflegeauszeit beziehen oder könnte dies als arglistige Täuschung gewertet werden da ich eben nicht offiziell als Pflegebeauftragter bevollmächtigt war?
lifeuncut
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Beitrag von lifeuncut »

Hallo,

du schreibst im letzten Absatz, dass mittlerweile kein Pflegebedarf mehr besteht. Würde ich als Personaler lesen, würde ich mich fragen weshalb nicht und je nachdem ob mich deine restlichen Qualifikationen im Anschreiben überzeugen würden, würde ich dich entweder einladen oder, falls mich deine restlichen Qualifikationen nicht beeindrucken würden, würde ich dich aussortieren, weil das erstmal wie eine faule Ausrede klingt. Versuch vielleicht zu schreiben warum jetzt kein Pflegebedarf mehr besteht.

Zu deiner Frage, wie du den ersten Absatz schreiben solltest:
Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht ganz genau wie man da am besten formuliert. Du hast, als du hier im Forum offen geschrieben hast, erzählt, dass du durch eine Verkettung unglücklicher Umstände deinen Abschluss nicht erreichen konntest. Vielleicht solltest du es auch so schreiben. Was ich mir auch gut vorstellen könnte, dein Anschreiben etwas umzukehren: Statt mit dem klassischen erzählen auf welcher Stufe des Lernens/der Erfahrung man sich gerade befindet, würde ich vielleicht mit den Vorzügen anfangen und damit werben warum du den Job möchtest und dann am Ende erwähnen, wo ein Kasus Knacksus liegen könnte. (Personaler lesen oftmals das Bewerbungsschreiben nicht bis zum Ende)

Dabei finde ich es übrigens genau richtig, dass du erzählst dir autodidakt C++ usw angeeignet zu haben. Als jemand der immer wieder mit Entwicklern zu tun hatte, glaube ich, wird dir genau dieser Umstand auch als großer Pluspunkt ausgelegt werden! Gerade viele Entwickler die "einfach mal so" (ähnlich wie BWL) Informatik studierten, haben oftmals nicht das Auge für die Problemstellungen, als Menschen die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben - das würdest du im Endeffekt aussagen, dass du soviel Freude an der Sache hast, dass du dich sogar privat damit beschäftigst. Scheue dich nicht alles zu erwähnen was du kannst!! Ob du es kannst wird später bei der Probearbeit/dem Einarbeiten auf Herz und Nieren geprüft werden.

Zu der Sache mit der Pflegevollmacht: Ich glaube nicht, dass darauf genauer eingegangen wird. Falls doch, aus privatem Umfeld weiß ich, dass Pflegegerichte oftmals nur einen Betreuer für einen Pflegebedürftigen vorsehen und falls dieser ausfällt, der Betreuer eine entsprechende Vollmacht erteilt. Deine Großmutter würde das sicher auch bestätigen. Aber wie gesagt, ich denke nicht, dass genauer in die formale Ebene befragt wird, eher welche pflegerischen Aufgaben du wahrgenommen hast (wobei das für deinen Berufszweig auch eher irrelevant sein wird, eher aus Interesse oder zwecks Vervollständigung der Aussagen in deinem Bewerbungsschreiben gefragt werden wird)

Zu deiner persönlichen Motivation kann ich noch etwas aus meinem privaten Umfeld erzählen:
Ich habe einen guten Bekannten, der ebenfalls nicht fertig studiert hat, dennoch in hoher Position für große (auch DAX) Unternehmen im Informatik Metier gearbeitet hat. Wer zeigen kann was er drauf hat, kann alles erreichen!
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Re: IT-Verwaltung nach pflegezeitbedingtem Studienabbbruch

Beitrag von TheGuide »

Adaric hat geschrieben:Sehr geehrter [Name],

Ich
habe bereits
Nach der korrekt mit dem Komma beendeten Anrede klein weiter!

Dann bringe bitte ausschließlich positive Gründe, warum du den Beruf x ergreifen willst (nicht schleimen!), schließlich argumentiere für deine Einstellung, also indem du deine Vorkenntnisse nennst und die positiven Charaktereigenschaften, mit denen du deine Arbeit gestaltest. Hier kannst du auf den Lebenslauf zurückgreifen, ohne diesen aber nachzuerzählen. Also von der jeweiligen Fähigkeit bzw. Stärke ausgehend, nicht von der Lebenslaufstation.
Zuletzt geändert von TheGuide am 20.09.2017, 09:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von TheGuide »

Betreffs Zwangsexmatrikulation: Da müsste doch Widerspruch möglich sein. Okay, es ist natürlich nicht gerade plausibel, dass du zwei Jahre lang keine Zeit hattest, dich zu informieren, wie das eigentlich bei einer Auszeit wegen zu pflegender Angehöriger aussieht, aber auf der anderen Seite war das sicher psychisch keine leichte Zeit für dich. Ich würde da noch mal nach Härtefallregelungen recherchieren und auch mit der Studienberatung sprechen.
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Beitrag von Adaric »

Versuch vielleicht zu schreiben warum jetzt kein Pflegebedarf mehr besteht.
Dafür gibt es im Grunde zwei größere Gründe: Zum einen besteht mittlerweile schlichtweg weniger Bedarf. Er kann sich - wenn auch langsam - wieder selbst aufrichten und ankleiden und hat endlich Stock (und an schlechten Tagen) Rollator als Notwendigkeiten anerkannt. Der aktuelle Pflegebedarf kann dadurch gut von meiner Großmutter abgedeckt werden und die Halbtagsoption meiner Mutter reicht als Support.

Zum Anderen hat meine Großmutter endlich eingesehen, dass sie bei Kurzzeitbedarf auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen kann. Gerade zu Beginn hat sie sich schlichtweg geweigert fremde Hilfskräfte ins Haus zu holen solange es irgendwie funktionierte.

Wenn ich jedoch nur 'Da mittlerweile aufgrund fortgeschrittener Genesung kein intensiver Pflegebedarf mehr besteht' schreibe wirkt es unglaubwürdig und vorgeschoben - Der Großvater eines Mittzwanzigers wird alt genug sein dass eine zweijährige Pflege in der Regel dauerhaft ist!

Führe ich jedoch weiter aus wirkt es meines Erachtens zu rechtfertigend und lenkt von der eigentlichen Bewerbung ab. Ebenfalls halte ich es für schlechten Stil und unangebracht im Grunde über meien Großmutter herzuziehen.

Geht 'Da mittlerweile aufgrund fortschreitender Genesung weniger intensiver Pflegebedarf besteht und bei Bedarf alternative Pflegemodelle abgesichert wurden'?
Was ich mir auch gut vorstellen könnte, dein Anschreiben etwas umzukehren: Statt mit dem klassischen erzählen auf welcher Stufe des Lernens/der Erfahrung man sich gerade befindet, würde ich vielleicht mit den Vorzügen anfangen und damit werben warum du den Job möchtest und dann am Ende erwähnen, wo ein Kasus Knacksus liegen könnte.
So anfangen?

Im Studium der Wirtschaftsinformatik und verstärkt durch persönliches Interesse an der Thematik habe ich ein sehr gutes technisches Verständnis [...]

[...]

Aufgrund mehrjährigen Pflegebedarfs meines Großvaters konnte ich das Studium zwar nicht mit einem Abschluss beenden, jedoch habe ich mir durch Abschluss der [sämtlicher?] schulischen Fachmodule das studienrelevante Wissen in Gänze angeeignet.

Selbstverständlich habe ich mich auch privat stets auf dem Laufenden gehalten. Im Bereich der Webprogrammierung habe ich durch verschiedene JS-Anwendungen Personalisierungen in Design und Funktionalität erstellt. [Die Navigier- und Anwendbarkeit von Kommentarsystemen war hierbei mein Hauptfokus, insbesondere in Bezug auf WYSIWYG-Module und Ein- und Ausklappbarkeit der Beiträge.]

Ebenfalls habe ich mein Wissen stetig erweitert. So habe ich mir durch erste Testprogramme und das Lesen gängiger Fachliteratur Grundkenntnisse in C++ angeeignet sowie erste Erfahrungen im Magento [Admin-Panel/Dashboard?] gesammelt.

[Pfadfinderabsatz]

Ob du es kannst wird später bei der Probearbeit/dem Einarbeiten auf Herz und Nieren geprüft werden.
Gibt es Richtlinien ab welchen Aussagen/Erfahrungsgraden recht flüssiges und eigenständiges Arbeiten erwartet wird?
______________

Vielen Dank für die Korrektur! Diesen Fehler hätte ich auch bei jedem Weiterlesen übersehen.

Ich habe hier bezüglich deines Vorschlages eines qualifizierten Beginns alles etwas umgestellt. Der große rote Block in diesem Beitrag.
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TheGuide
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Beitrag von TheGuide »

Der Pflegebedarf deines Großvaters hat in deiner Bewerbung nichts zu suchen. Die wollen wissen, warum du ein geeigneter Arbeitnehmer bist - und Ende.

Warum willst du die Stelle? (hier geht es darum, was dich motiviert. Kein Geld, keine Schleimerei, keine fadenscheinigen Gründe!)
Was bringst du dafür an Fertigkeiten, Fachkompetenzen, Kenntnissen mit? Wann/wo/wie erworben?
Welches sind deine individuellen Stärken (positive Charaktereigenschaften)? Wann/wo/wie belegt?

Alles andere ist im Anschreiben fehl am Platz und gehört in den Lebenslauf.
Adaric
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Beitrag von Adaric »

Dazu hätte ich dann noch folgende Fragen: Bei einer Studiendauer von 5+ Jahren sollte ja eigentlich immer ein 'ohne Abschluss' irgendwo Erwähnung finden. Reicht dann eine einfache Nennung im Lebenslauf? Da es aus bürokratischen Gründen erst zum Semesterende offiziell wird kann ich auch nicht 'schummeln' indem ich als Anlage kein Abschlusszeugnis sondern nur eine finale Notenübersicht beifüge.

Würde die Überleitung von studentischen Erfahrungen direkt zu den privaten Weiterbildungen ohne die explizite Nennung des Scheiterns/der Gründe/der abgeschlossenen Module ansonsten prinzipiell passen oder wäre es eher noch zu 'unpersönlich'?

Man findet allerhand Muster für Familienauszeiten wo dies auch als expliziter Aufhänger genutzt wird. Ist dies nun komplett veraltet oder nur für Wiedereinsteiger statt Berufsanfänger geeignet? So wie ich das immer gelesen hatte sollte prinzipiell eher offensiv mit Abbrüchen, längeren Auszeiten oder Scheitern umgegangen werden, da dies sonst entweder doppelt im Gespräch zurückkommt oder schlimmstenfalls sogar als 'ist gescheitert und steht nicht dazu' gewertet wird.

Mein Lebenslauf ist noch ziemlich nackt und abgehackt. Könnte ich Praktika, Zertifikate und Pflegezeit innerhalb der Studienzeit quasi als Unterpunkte deklarieren? Also:
xx/xxxx-yy/yyyy: Studium
-----zz/zzzz: Zertifikat X
-----aa/aaaa-bb/bbbb: Praktikum in [x] bei [y]
---------Aufgabe 1
---------Aufgabe 2
---------Aufgabe 3
-----cc/ccc-dd/dddd: Pflegezeit

/edit: Formatierung geändert da Leerzeichen automatischgelöscht
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TheGuide
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Beitrag von TheGuide »

Es geht nicht um veraltet oder nicht veraltet, sondern darum, dass du dich auf die richtigen Dinge konzentrierst. Das sind Argumente, die für deine Einstellung sprechen. Denk dich in deinen Adressaten hinein. Dessen Problem ist nicht, wie es deinem Großvater geht (das klingt jetzt herzlos, ist aber gar nicht so gemeint), der hat eine Stelle zu besetzen und zwar mit der dafür am besten geeigneten Person. Sicher kann es sinnvoll sein, wenn du erwähnst, dass du nun, nach zwei Jahren Pflege deines Großvaters ins Berufsleben einsteigen willst. Aber das ist es dann auch. Wie es deinem Großvater heute geht, das interessiert dich, aber nicht den Personaler (was der privat meint, ist etwas anderes, hier geht es aber um sein berufliches Interesse).

Und ich rate dir noch mal dringend, deine Hochschule zu kontaktieren und denen den Sachverhalt klar zu machen. Vielleicht kannst du dein Studium ja doch noch regulär beenden. Das wäre sicher der günstigste Fall.
Adaric
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Beitrag von Adaric »

Vielleicht fehlt mir hier die Personalersicht oder wir haben aneinander vorbeigeredet.

Du schreibst ich könnte die Pflegeunterbrechung durchaus erwähnen wenn ich es dabei belasse und passend einbinde. Ist dies nicht das was ich in der geänderten Fassung getan habe? Die einzige Nennung ist die folgende: "Aufgrund mehrjährigen Pflegebedarfs meines Großvaters konnte ich das Studium zwar nicht mit einem Abschluss beenden, jedoch habe ich mir durch Abschluss der [sämtlicher?] schulischen Fachmodule das studienrelevante Wissen in Gänze angeeignet."

Dies schließt an an das erlangte Wissen durch besagtes Studium und wird gefolgt von meinem Eigenstudium innerhalb der Unterbrechung. Ich bin ehrlich gesagt ahnungslos wie ich es noch weiter kürzen oder einbinden könnte.

Der aktuelle umgestellte Entwurf ist folgender:
Sehr geehrter Herr X,

aufgrund meines Studium der Wirtschaftsinformatik und verstärkt durch persönliches Interesse an der Thematik besitze ich ein sehr gutes technisches Verständnis sowie ausgeprägte Fähigkeiten in der Analyse und Lösung von Problemen. Im Aufbau und der Verwendung von Datenbanken (insbesondere SQL) bin ich ebenso geschult wie in Rechnerstrukturen und den Grundlagen der Programmierung.

Darüber hinaus konnte ich in meinem fünfmonatigem Praktikum in der [X] AG bereits erste Erfahrungen in den Bereichen der Verwaltung und Systembetreuung erlangen. Neben Wartung und Support für die betriebliche Hard- und Software lagen meine Kompetenzen hier in der Datenerfassung und -verarbeitung durch DATEV DMS. Abgerundet wird dies durch Studienerfahrungen im ERP-System von SAP.

Aufgrund mehrjährigen Pflegebedarfs meines Großvaters konnte ich das Studium zwar nicht mit einem Abschluss beenden, jedoch habe ich mir durch Abschluss der [sämtlicher?] schulischen Fachmodule das studienrelevante Wissen in Gänze angeeignet. Nun würde ich dies gerne bei Ihnen in der Praxis anwenden.

Selbstverständlich habe ich mich auch privat stets auf dem Laufenden gehalten. Im Bereich der Webprogrammierung habe ich durch verschiedene JS-Anwendungen Personalisierungen in Design und Funktionalität erstellt. Die Navigier- und Anwendbarkeit von Kommentarsystemen war hierbei mein Hauptfokus, insbesondere in Bezug auf WYSIWYG-Module und Ein- und Ausklappbarkeit der Beiträge.

Ebenfalls habe ich mein Wissen stetig erweitert. So habe ich mir durch erste Testprogramme und das Lesen gängiger Fachliteratur Grundkenntnisse in C++ angeeignet sowie erste Erfahrungen im Magento [Admin-Panel/Dashboard?] gesammelt.

Aufgrund meines jahrelangen Engagements im Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e.V., davon knapp fünf Jahre als Gruppenleiter, bin ich es gewohnt verantwortungsbewusst, aufgeschlossen und belastungsresistent zu agieren. Dabei galt es sowohl eigenständig für meine Gruppe Programmpunkte zu organisieren und durchzuführen, als auch bei größeren und gruppenübergreifenden Veranstaltungen mitzuwirken und in Teamrunden Konzepte dafür zu erarbeiten.

Sehr gerne würde ich bei Ihnen mein Wissen gewinnbringend einbringen und weiterentwickeln. Ich stünde Ihnen dafür ab dem 01.11.2017 in Vollzeit zur Verfügung und würde mich sehr auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch freuen. [Ein früherer Beginn wäre möglich, aufgrund familiärer Verpflichtungen könnte ich dann einige Montage jedoch nur halbtags arbeiten und müsste die Kalenderwoche 42 aussetzen.]

Mit freundlichen Grüßen,
xxxxxxxxxxx
______

Ich habe bereits einen (nachträglichen) Widerspruch gegen den ersten Versuch eingereicht und das zuständige Dekanat sowie das Studierendensekretariat angeschrieben. Leider sind gerade die Zeiten sehr unglücklich und schon lange überbucht. Nach Information der telefonischen Hilfskraft könnte ich in gut einer Woche vielleicht telefonisch jemand mit Kompetenz erreichen, ansonsten wohl erst wieder Anfang Oktober. Wenn ich nicht mit der Kanone (Fachanwalt) beginne wodurch ich mir wohl augenblicklich die Chancen auf Kulanz oder optionale Härtefallregelungen verbauen würde, kann ich im Moment leider nur warten.

Aber auch wenn ich durchkäme, fehlt mir 'nur' die BA und ein Praxissemester. Bewerbungen müssen also ohnehin verschickt werden und wenn ich jetzt nicht unter dieser Ausgangslage handle sammle ich wohl nur weitere potenzielle Lücken oder verpasse Fristen für die offenen und möglichen besseren Positionen.
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TheGuide
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Beitrag von TheGuide »

Adaric hat geschrieben:"Aufgrund mehrjährigen Pflegebedarfs meines Großvaters konnte ich das Studium zwar nicht mit einem Abschluss beenden, jedoch habe ich mir durch Abschluss der [sämtlicher?] schulischen Fachmodule das studienrelevante Wissen in Gänze angeeignet."
Das ist viel zu negativ und du erklärst dein Scheitern. Du musst dich nicht rechtfertigen, begib dich also nicht in ein Hamsterrad aus dem du nur schwer wieder herauskommst.
aufgrund meines Studium der Wirtschaftsinformatik und verstärkt durch persönliches Interesse an der Thematik besitze ich ein sehr gutes technisches Verständnis sowie ausgeprägte Fähigkeiten in der Analyse und Lösung von Problemen.
Ich möchte behaupten, dass umgekehrt ein Schuh draus wird: Aufgrund eines guten technischen Verständnisses hast du Interesse an der Informatik und dich daher für einen IT-Studiengang entschieden. Das allerdings hat in dieser Bewerbung nichts zu suchen.
Darüber hinaus konnte ich in meinem fünfmonatigem Praktikum in der [X] AG bereits erste Erfahrungen in den Bereichen der Verwaltung und Systembetreuung erlangen.
Streich die Modalverben aus deinem Wortschatz. Entweder du hast etwas getan oder eben nicht. Dass du etwas hast tun "können" interessiert nicht bzw. wird ggf. als windelweiche Aussage verstanden, weil du bei einer harten Aussage lügen würdest.
Abgerundet wird dies durch Studienerfahrungen im ERP-System von SAP.
Hier trittst du nicht auf. Wer rundet ab? Wessen Erfahrungen? (Klar versteht der Leser, was du ausdrücken möchtest, aber es käme völlig anders rüber, wenn du dich in eine ative Rolle setztest.
Aufgrund mehrjährigen Pflegebedarfs meines Großvaters konnte ich das Studium zwar nicht mit einem Abschluss beenden, jedoch habe ich mir durch Abschluss der [sämtlicher?] schulischen Fachmodule das studienrelevante Wissen in Gänze angeeignet. Nun würde ich dies gerne bei Ihnen in der Praxis anwenden.
Rechtfertigungsmühle!!! Formuliere deine Bewerbung so, dass du keine Negationen (nicht beenden) brauchst.
Hängen bleibt bleibt beim Leser aus diesem Absatz: Er konnte sein Studium nicht beenden.
Selbstverständlich habe ich mich auch privat stets auf dem Laufenden gehalten.

Ebenfalls habe ich mein Wissen stetig erweitert.
Wo ist der Unterschied zwischen diesen beiden Sätzen?
Dabei galt es sowohl eigenständig für meine Gruppe Programmpunkte zu organisieren und durchzuführen, als auch bei größeren und gruppenübergreifenden Veranstaltungen mitzuwirken und in Teamrunden Konzepte dafür zu erarbeiten.
Zwischen sowohl x als auch y kein Komma!
Sehr gerne würde ich bei Ihnen mein Wissen gewinnbringend einbringen und weiterentwickeln.

Dafür sehe ich als Leser keinen Grund. Warum solltest du das wollen?

___________________________________________


Natürlich sollst du dich auf alle Eventualitäten vorbereiten. Das Semester endet am 30. September, da das ein Samstag ist, solltest du es nach Möglichkeit einrichten, bis zum 29. September deinen Fall geklärt zu haben, schließlich bist du am dem 1. exmatrikuliert und der 3. ist ein Feiertag; wenn du also Pech hast, wirst du beim Aufschieben vor dem 4. niemanden erreichen. Also nerv die Leute. Ruf beim Studierendensekretariat an, ruf bei der Studienberatung an, nerv im Vorzimmer des Fakultätsdekans. Und solltest du zu einem Anwalt gehen: Verwaltungsrechtliche Sachen betreffen die Personen ja nicht persönlich. Dir würde niemand persönlich übel nehmen, dass du verwaltungsrechtlich gegen deine Uni gestritten hast. (Rechtsberatung gibt es beim AStA!)
Adaric
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Beitrag von Adaric »

Vielen Dank für das ausführliche Feedback! Ich werde die Punkte in der nächsten Revision abändern.

Wenn ich keine Rechtfertigungen anbringen sollte, gibt es hier irgendwelche Richtlinien oder Tipps wie ich den Übergang schaffe? Eine solch lange erfolglose Studienzeit ohne Begründung stehen bzw. unerwähnt lassen hört sich für mich nach einem klassischen Warnsignal an, insbesondere wenn diese die letzte Station im LL darstellt. Mir wurde früher immer gesagt, dass man möglichst knapp aber offensiv mit längeren, gerade aktuellen Lücken umgehen soll sodass der Personaler sich nicht zu sehr auf 'was könnte sein' versteift. Hast du hier andere Erfahrungen gemacht?

Im Grunde schreibe ich das Anschreiben also in der Version von vor zwei Jahren, ergänzt durch meine Eigenfortbildung und vertraue auf den LL Antworten zu geben und den Abbruch selber zu erwähnen?

Um eine frühere Frage zu wiederholen: Kann ich mit dem Studium verknüpfte Punkte im LL als dessen Unterpunkte aufführen? Dadurch hätte ich zumindest eine klare Verknüpfung außerhalb der reinen Zeitangaben. Da ich noch keine großen Arbeitsstationen nachweisen konnte, wirkt ein 'klassischer' Lebenslauf im Moment einfach nur unzusammenhängend, gerade da sich so ziemlich alle Qualifikationen mit dem Studium überschneiden aber in anderen Kategorien liegen.

-----

Bei mir endet das Semester glücklicherweise erst später, dadurch habe ich nicht diesen absoluten Druck. Aber gerade der Hinweis auf die Rechtsberatung hört sich super an, vielen Dank dafür! Ich werde diese zum nächsten Zeitpunkt aufsuchen.
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TheGuide
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Beitrag von TheGuide »

Adaric hat geschrieben:möglichst knapp aber offensiv
Ja, durchaus. Ist aber bei dir nicht der Fall.
Du musst halt auch zusehen, wie du deinen Lebenslauf gestaltest.
Extrapunkte für Ausbildung und beruflichen Werdegang würde ich nicht anlegen. Stattdessen:

Werdegang

08.2015 - 09.2017 häusl. Pflege meines Großvaters in Opa&Oma-Stadt

10.2013 - 08.2015 Studium an der X-Uni
Fachbereich
mit längeren, gerade aktuellen Lücken umgehen soll sodass der Personaler sich nicht zu sehr auf 'was könnte sein' versteift. Hast du hier andere Erfahrungen gemacht?
Professionelle Personaler lesen i.d.R. als erstes den Lebenslauf und erst danach das Anschreiben. Wenn aus deinem Lebenslauf klar hervorgeht, dass du die letzten zwei Jahre mit der Pflege deines Großvaters beschäftigt warst, hat der Leser beim Lesen deines Anschreibens überhaupt keine Fragen in diese Richtung.
Im Grunde schreibe ich das Anschreiben also in der Version von vor zwei Jahren, ergänzt durch meine Eigenfortbildung und vertraue auf den LL Antworten zu geben und den Abbruch selber zu erwähnen?
Im Anschreiben geht es einzig und allein um deine Motivation und Eignung für den Job.
Begib dich KEINESFALLS in eine Rechtfertigungsmühle!
Um eine frühere Frage zu wiederholen: Kann ich mit dem Studium verknüpfte Punkte im LL als dessen Unterpunkte aufführen? Dadurch hätte ich zumindest eine klare Verknüpfung außerhalb der reinen Zeitangaben. Da ich noch keine großen Arbeitsstationen nachweisen konnte, wirkt ein 'klassischer' Lebenslauf im Moment einfach nur unzusammenhängend, gerade da sich so ziemlich alle Qualifikationen mit dem Studium überschneiden aber in anderen Kategorien liegen.
Ich verstehe die Frage nicht so recht. Also du hast dir Studiumswissen außerhalb des Studiums angeeignet, oder was meinst du?

Sollte es mit der Wiederaufnahme des Studiums nicht klappen, dann gibt es noch das Studienabbrecherprogramm der IHK. Dabei geht es darum, das Potential von Leuten, welche zwar studiert haben, aber aus irgendeinam Grund nicht zu Ende studieren konnten/wollten/durften nicht Brach fallen zu lassen. Die wissen also auch, dass du einen Humankapitalwert hast.
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