biologin hat geschrieben:meine beraterin von der arge fand diese einleitung unglaublich wichtig. *ratlosguck*
Tjaaaaaa... was macht man da? Wenn ich an Deiner Stelle wäre, würde ich jeden, der mir gefragt oder ungefragt seine Theorien mitteilt, in höflicher Form um eine Begründung bitten... und dann schauen, welche mich am ehesten überzeugt. Mal angenommen, Du hättest mich jetzt gefragt:
Zunächst einmal ist eine Bewerbung ja kein Antrag auf etwas, worauf man ein Anrecht hätte, das einem niemand verwehren kann, sofern man bestimmte Formalitäten einhält. Man muss glasklar sehen: Es handelt sich um einen hammerharten Konkurrenzkampf. Es gibt in der Regel genau
EINE Stelle - und auf diese je Umständen Hunderte von Bewerbern. Das heisst, es geht zu einem ganz wesentlichen Teil um eine möglichst schnelle, deutliche und vielschichtige Abgrenzung von der Konkurrenz. Daraus folgt für mich persönlich zwingend, dass
ALLES, was jeder könnte, bestenfalls nicht schadet... unter keinen Umständen aber einen Wettbewerbsvorteil bringt...
Punkt zwei ist, dass die äussere Form eines Anschreibens eine deutliche Einschränkung bzgl. der Textmenge beinhaltet. Im Klartext: Jeder einzelne der wenigen zur Verfügung stehenden Sätze ist kostbar - und die Verschwendung auch nur eines einzigen an einen "Inhalt", der dem Leser nichts Neues bringt ist schon rein kommunikationsstrategisch sträflicher Leichtsinn... BTW auch nicht gerade ein Hinweis darauf, dass die Bewerberin zur Verfügung stehende Ressourcen optimal nutzt. In Zeiten leerer Kassen in den Kommunen wäre der suboptimale Umgang mit beschränkten Mitteln für mich ein Absagegrund erster Güte. Die Art der Verschwendung und der Mittel ist zweitrangig. M. E. geht es hier um eine Mentalitätsfrage, die sich in solch einem Detail zeigt.
Drittens ist halt so, das es für den ersten Eindruck keine zweite Chance gibt. Überleg mal, wie schnell sich Dein Eindruck von Menschen auf der Strasse bildet. Man hat meist schon ein (wenn auch diffuses und nicht wirklich bewusstes) Bild von einer Person, bevor sie das erste Wort gesagt hat... und nach den ersten Sätzen, die die Person von sich gibt, hat sich dieses Bild meist schon ganz erstaunlich verfestigt... und alles, was danach kommt, ist dann eine Überraschung... mit der unterschiedliche Menschen sehr unterschiedlich flexibel umgehen. Im Brief ist das genauso:
biologin hat geschrieben:auf der Suche nach einer neuen beruflichen Aufgabe ist mir Ihr interessantes Stellenangebot als Biologin aufgefallen. Aufgrund meiner Qualifikationen und bisherigen beruflichen Erfahrungen bin ich mir sicher, Ihren Anforderungen zu entsprechen. Gerne möchte ich mich Ihnen vorstellen:
Das sind in quasi idealtypischer Reinform die ersten Worte einer Person, die inhaltlich nichts zu sagen hat... und damit ist der frischste und offenste Moment auf Leserseite auch schon unwiderruflich verloren. Natürlich ist es nicht unmöglich, nach dem verschenkten Start einen Aufhollauf zu starten (was Du ja auch tust)... aber warum sollte man annehmen, dass der Teil der Konkurrenz, der diesen Moment bereits genutzt hat, sich im Anschluss auf die faule Haut legt? Die realistischere Annahme wäre m. E., dass diejenigen, die sich der Wichtigkeit des Starts bereits bewusst waren, auch danach alles daran setzen, den einmal erarbeiteten Vorsprung auszubauen... und die Strecke (eine Handvoll der besagten kostbaren Sätze) ist nicht so lang, dass man auf Ermüdungseffekte setzen könnte.
biologin hat geschrieben:außerdem meinte sie, die firmen würden drauf stehen, wenn einfach die schlagworte fallen würde wie "flexibel, kann strukturiert arbeiten, zuverlässig" usw.
Das meint sie so nach ihrer Lehre auf dem Amt... dass all die Leute, die Psychologie, Betriebswirtschaft o. ä. studiert haben (in Deinem Falle: Doktorin einer Naturwissenschaft sind), quasi im Zwang einer höheren Macht auf die abgedroschensten aller Worthülsen anspringen... wie das Hündchen auf die Glocke. Dazu sage ich mal lieber nichts...
Es steckt natürlich insofern ein Körnchen Wahrheit in dieser Aussage, dass es tatsächlich Eigenschaften gibt, auf die von Arbeitgeberseite Wert gelegt wird. Aber genauso klar ist doch, dass das reine Aufzählen solcher "Schlagworte" der schwächste aller denkbaren Ansätze ist, solch einen Eindruck zu erreichen. Wieder deshalb, weil solch eine simple Behauptung der Weg ist, der
ALLEN offen steht. Das wiederum ist der Grund für die unglaubliche Beliebtheit solcher Redensarten und ihrer daraus folgenden Verbreitung... die ihrerseits wiederum dazu führt, dass die entsprechenden "Schema-F"-Abschnitte im besten aller Fälle schadlos überlesen werden. Je qualifizierter die Stelle ist, desto eher muss man m. E. allerdings davon ausgehen, dass derart simpel gestrickte Auffassungen von dem "worauf Firmen stehen" explizit negativ wirken. Ich meine: Wer lässt sich schon gerne für einen Vollidioten halten, der wie ein Tier auf reine Oberflächenreize reagiert? Mal ganz abgesehen von der unglaublichen Langeweile, die sich einstellt, wenn man exakt dieselbe Formulierung zum 1000. Mal (in extremst unterschiedlich glaubwürdigen Kontexten) liest. Ich bin seit ein paar Jahren hier... ich weiss, wovon ich rede...
Wer Witz liegt halt darin, den Eindruck solcher Eigenschaften und Fähigkeiten nicht auf dem "weichen", sondern dem "harten" Weg (d. h. dem, der erstens überprüfbar ist und zweitens
NICHT jedem offen steht) zu erzeugen. Ich kenne Dein Fach nicht genug, um konkrete Beispiele erfinden zu können... aber wenn beispielsweise ein strukturiertes Arbeiten die Voraussetzung für bestimmte Dinge wäre, die Du nachweislich erfolgreich bewältigt hast, bringt
DEREN Erwähnung natürlich 10 x so viel, wie das "nackte" Schlagwort...
Jetzt kannst Du Deine Betreuerin ja fragen, was die Gründe ihrer Meinung sind... und dann eine ganz nüchterne (quasi naturwissenschaftliche) Abwägung der jeweiligen Pros und Contras treffen...
biologin hat geschrieben:Themenzentrierte Arbeit im Team gehört zu meinen herausragenden Stärken, die ich während meiner ehrenamtlichen Arbeit in der Fachschaft und zwei Vereinen entwickeln konnte (Diese formulierung gefällt mir überhaupt nicht).
Ist es wirklich die Formulierung? M. E. ist es der Inhalt: Du leitest die Qualifikation zu einer letztlich berufsbezogenen Qualität aus einem Hobby ab. Das macht man normalerweise vor Beginn einer Ausbildung... danach wirkt es eher negativ. BTW: Wie sicher bist Du Dir, dass "Teamarbeit" ein herausragendes Kriterium Deiner Stelle wäre?
biologin hat geschrieben:Außerdem ist das anschreiben etwas zu lang. ich bekomme zwar alles auf eine seite, aber dann sieht es sehr gequetscht aus. wo könnte ich denn noch kürzen?
Ich denke, Du weisst ganz genau, wo...
biologin hat geschrieben:ach ja, und der letzte abschnitt gefällt mir noch nicht so richtig, das mit dem testverfahren kommt irgendwie so übergangslos *grübel*
Ich denke, auch hier kennst Du die Lösung...