Bewerbung nach langer Betriebszugehörigkeit - Wechselwunsch

Informationen und Fragen zum Bewerbungsablauf, zu einzelnen Elementen der Bewerbungsmappe und zu individuellen Formulierungen. Wie soll eine Bewerbungsmappe aufgebaut sein? Welche Fakten gehören in ein Anschreiben? Welche Formulierungen sollten unbedingt vermieden werden?
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Chance40
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Bewerbung nach langer Betriebszugehörigkeit - Wechselwunsch

Beitrag von Chance40 »

Ich weiß jetzt nicht, ob dieses Unterforum das richtige für mein Thema ist, ich probier´s einfach mal. Ich bin knapp über 40 und seit 20 Jahren im selben Betrieb. Momentan merke ich einfach, das ich so nicht bis zur Rente weitermachen kann. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder Personal reduziert, ich bin mittlerweile die letzte von früher 4 Personen in der Abteilung, Gehaltserhöhungen gibt´s seit vielen Jahren nicht mehr, man bleibt immer auf dem gleichen Level. Das einzige, was mich hält, ist, dass ich super mit den Kollegen auskomme, einen kurzen Arbeitsweg habe und völlig selbständig arbeiten kann. Beim momentanen Arbeitspensum und der allgemeinen Situation im Betrieb kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass mein Job noch die nächsten 20 Jahre sicher ist und wenn ich zu lange warte und dann fast 50 bin, hab ich wahrscheinlich gar keine Chancen mehr.
Nur, wie bewirbt man sich nach so langer Zeit, wie sind die Chancen?
Ich kann ja für diese vielen Jahre momentan kein Zeugnis vorweisen, wenn ich im Betrieb (wir sind ein Kleinbetrieb) ein Zwischenzeugnis verlange, weiß der Chef sofort, was los ist und lässt mich das dann entsprechend spüren. Es ist bei uns leider üblich, dass Angestellte, bei denen man weiß, dass sie auf dem Absprung sind, gemobbt und nicht mehr wertgeschätzt werden und, wenn ich dann doch lange nichts finde, möchte ich nicht in so einer Situation sein. Was ratet ihr in so einer Situation?
Hat jemand wie ich überhaupt Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
Romanum
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Beitrag von Romanum »

Hallo,

du fängst das Bewerbung schreiben schon mal viel zu negativ an:

Habe ich überhaupt Chancen?

Wie wirkt sich mein Wechselwunsch bei derzeitigen AG aus?

Wie kommt eine Bewerbung nach so langer Zeit an?

Alles nebensächliche Gedanken, die anscheinend jetzt deine Hauptgedanken sind. Es geht doch darum, diesen Zeitpunkt als Wendepunkt zu nehmen, frei über die Zukunft zu denken, und auch in sich selbst hineinzuhorchen, was man vielleicht machen und leben will.

Beschäftige dich stattdessen mal mit Dingen wie Selbstanalyse, Persönlichkeitsentwicklung, kreativen beruflichen Ideen usw. Ein paar Linktipps gibt es schon hier: https://www.bewerbung-forum.de/anschrei ... abschnitt5

Oder bist du generell ein sicherheitsorientierter Typ, der jetzt einfach nur denselben Job bei einem wachstumsstarken AG für die nächsten 25 Jahre sucht?
Chance40
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Beitrag von Chance40 »

Danke für den Link. Ich werde mir das mal in Ruhe durchlesen.
Ich denke mir halt, dass eine Bewerbung nach 20 Jahren ohne aktuelles Zeugnis evtl. nicht gerade auf ein grosses Interesse bei den Firmen stösst und relativ schnell zur Seite gelegt wird.
Oder kann man so was evtl. durch ein tolles Anschreiben und ein selbst erstelltes Tätigkeitsprofil ausgleichen?

Für die nächsten 20 Jahre muss die neue Stelle nicht unbedingt sein, allerdings hätte ich auch nichts dagegen, dort wirklich langfristig zu bleiben, wenn alles einigermaßen passt. Ich bin niemand, der alle paar Jahre einen Wechsel braucht, sonst hätte ich die 20 Jahre jetzt auch nicht ausgehalten.
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FRAGEN
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Re: Bewerbung nach langer Betriebszugehörigkeit - Wechselwun

Beitrag von FRAGEN »

Ich habe die Situation noch nicht komplett verstanden.
Chance40 hat geschrieben:Das einzige, was mich hält, ist, dass ich super mit den Kollegen auskomme, einen kurzen Arbeitsweg habe und völlig selbständig arbeiten kann.
"Das einzige" ist gut. Das sind doch schon einmal DREI sehr starke Gründe, für die sehr Viele Vieles geben würden... in der Kombination schon beinahe paradiesisch.
Chance40 hat geschrieben:Beim momentanen Arbeitspensum und der allgemeinen Situation im Betrieb kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass mein Job noch die nächsten 20 Jahre sicher ist
Im Umkehrschluss würdest Du erwarten, dass ein Job mit phantastischem Betriebsklima, kurzem Arbeitsweg und völliger Autonomie auch noch mit Unkündbarkeit verbunden ist. Und allein die Tatsache, dass letztere fehlt, wäre jetzt der Grund für einen Wechsel? Inhaltlich unerfüllte Ambitionen gibt es in Deinem aktuellen Dasein nicht?

Hmmmm... ich frage mal anders herum: Was könnte das für ein Job sein, der (bei ansonsten mindestens gleichwertigen Randbedingungen?) eine zwanzigjährige Garantie liefert? Hättest Du da etwas Konkretes im Auge?
Chance40 hat geschrieben:Hat jemand wie ich überhaupt Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
Du meinst, jemand mit solch einem Anspruchsdenken?

Dass man nach solch einer Betriebszugehörigkeit keine aktuellen Zeugnisse hat, finde ich relativ einleuchtend. Die Betriebsangehörigkeit an sich lässt sich wohl unterschiedlich betrachten - sehr stark abhängig von Betriebskultur und zu vergebender Stelle: Man könnte da einen relativ phlegmatischen Typen vor sich sehen, mit wenigen Ideen und geringem Anspruch... aber halt auch mit einer relativ hohen Frustrationstoleranz und ohne jegliche Flausen im Kopf. Das kann neben all den ultradynamischen Selbstoptimierern und Network-Kings auch mal ganz erfrischend sein... ;-)

Eine naheliegende Frage ist natürlich die nach der fachlichen Aktualität. Vermute ich richtig, dass Du Dich jetzt bei einem deutlich größeren Betrieb bewerben willst, der möglicherweise (schon technisch gesehen) ganz anders arbeitet? Von was für einer Arbeit reden wir hier überhaupt?

Beginnen würde ich auf jeden Fall in Romanums Richtung (Selbstreflexion): Wo komme ich her? Wo will ich hin? Erst einmal nur diese beiden Fragen... die aber dafür in größtmöglicher Klarheit...
Chance40
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Beitrag von Chance40 »

"Das einzige" ist gut. Das sind doch schon einmal DREI sehr starke Gründe, für die sehr Viele Vieles geben würden... in der Kombination schon beinahe paradiesisch.
Die Formulierung "das einzige" sollte nicht negativ klingen, natürlich ist das toll und wenn genügend Arbeit da wäre und das Gehalt stimmen würde, würde ich vermutlich gar nicht über einen Wechsel nachdenken.
Mein Aufgabengebiet ist sehr abwechslungsreich, wie erwähnt, decke ich alleine ein Aufgabenspektrum ab, das früher auf 4 Personen aufgeteilt war aber von der Arbeitsmenge her wird es eben stetig weniger, oft habe ich stundenlang gar nichts zu tun und sitze meine Zeit ab und es ist keine Besserung in Sicht.
Vom Gehalt her verdienen Freundinnen, die in größeren Betrieben ein kleineres Aufgabengebiet und weniger Berufserfahrung haben, locker 1.000 Euro/Monat mehr. Gerade weil es auch so viele Vorteile gibt, beobachte ich das ganze schon eine Weile und bin deswegen so zögerlich aber mittlerweile der Meinung, dass es von der Arbeit her nicht wieder anziehen wird, eher im Gegenteil und was Gehaltserhöhungen angeht, hat unser Chef das Motto: "Jeder ist ersetzbar, Reisende soll man nicht aufhalten."

Wenn meine Stelle irgendwann wegfällt, muss ich nehmen, was kommt, jetzt hätte ich noch die Chance, in Ruhe zu suchen.

Es geht übrigens um eine kaufmännische Stelle.
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FRAGEN
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Beitrag von FRAGEN »

Chance40 hat geschrieben:von der Arbeitsmenge her wird es eben stetig weniger, oft habe ich stundenlang gar nichts zu tun und sitze meine Zeit ab und es ist keine Besserung in Sicht.
OK, das kam vorher nicht in dieser Klarheit heraus. Das verstehe ich gut. Nebenbei lässt sich so auch (in der Bewerbung) die Wechselabsicht sehr positiv begründen. Das war ein Punkt, der mir eben noch Kopfzerbrechen machte...

Was mir dabei (und bei der andeutungsweisen Beschreibung Deines Chefs) noch einfiel: Hast Du schon einmal mit Deinem Chef über eine weitere Vergrösserung Deines Arbeitsgebiets gesprochen? Wenn Du schon jetzt die Themen von früher 4 Personen hast... was spräche dagegen, daraus die (ehemaligen) Themen von 5 Personen zu machen... und das für ein Gehalt von 4.5 Personen? Das ist jetzt so natürlich flapsig formuliert... aber rein von der Denkrichtung her könnte ich mir schon vorstellen, dass man mit einer dezenten Aufgabenerweiterung all Deine Probleme auf einen Schlag lösen könnte... ohne die schönen Seiten aufzugeben...?!?

Das wäre m. E. auch ein Weg, firmenintern aktiv zu werden, der Dich nicht gleich auf die "Abschussliste" setzt. Im Grunde müsste so eine Mitarbeiterin doch ganz nach dem Geschmack des Meisters sein, oder?
Chance40 hat geschrieben:Es geht übrigens um eine kaufmännische Stelle.
Heisst das, das rein arbeitstechnisch keine grösseren Schwierigkeiten zu erwarten wären? Vielleicht kannst Du Dich (falls nicht schon geschehen) ja auch mit Deinen Großbetriebs-Freundinnen mal etwas detaillierter über das rein operative Arbeiten in "deren" Firmen unterhalten...?!?
Chance40
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Beitrag von Chance40 »

Was mir dabei (und bei der andeutungsweisen Beschreibung Deines Chefs) noch einfiel: Hast Du schon einmal mit Deinem Chef über eine weitere Vergrösserung Deines Arbeitsgebiets gesprochen? Wenn Du schon jetzt die Themen von früher 4 Personen hast... was spräche dagegen, daraus die (ehemaligen) Themen von 5 Personen zu machen... und das für ein Gehalt von 4.5 Personen? Das ist jetzt so natürlich flapsig formuliert... aber rein von der Denkrichtung her könnte ich mir schon vorstellen, dass man mit einer dezenten Aufgabenerweiterung all Deine Probleme auf einen Schlag lösen könnte... ohne die schönen Seiten aufzugeben...?!?
Sowas in der Art hatte ich mir auch schon überlegt. Allerdings hat die Arbeit von der Menge her halt bei allen nachgelassen, d. h., es wäre im Moment gut möglich, einer Teilzeitkraft, die nur ein paar Stunden/Woche kommt, zu kündigen und mir deren Aufgabengebiet zu übertragen.
Die Frage ist: Will ich schuld sein, wenn der Chef auf meine Nachfrage nach mehr Arbeit so etwas beschliesst und eine Kollegin dann ihren Arbeitsplatz verliert? Oder das Risiko eingehen, dass ich eine Änderungskündigung auf Teilzeit bekomme, wenn er erfährt, dass ich nicht mehr ausgelastet bin?
(Selbst bemerken würde er das nie, dazu ist er viel zu wenig im Haus.)
Mehrarbeit, die momentan niemand anders macht oder die jemand anderem zu viel ist und mir übertragen werden könnte, gibt es halt im Moment leider nicht.
Und dann ist immer noch die Überlegung, was passiert, wenn es die Fa. in ein paar Jahren evtl. gar nicht mehr gibt, finanziell hat unser Chef längst ausgesorgt, in ein paar Jahren ist er kurz vor dem Rentenalter. Die Kollegen und ich haben schon öfters gemutmasst, dass es sein könnte, dass er das Ganze nach und nach auslaufen lässt anstatt es für einen Nachfolger zu erhalten aber wir kennen seine Gedankengänge nicht.

Mir ist schon klar, dass ich so ein lockeres, selbstbestimmtes Arbeitsleben in keinem Großbetrieb bekomme, auch wenn ich von den Gehältern dort nur träumen kann. Zu den ganzen Vorteilen, die ich erwähnt habe, kann ich auch noch Kommen und Gehen, wie ich will (muss halt meine Wochenzeit erreichen) und meinen Urlaub frei planen, wenn man so etwas jahrelang gewohnt ist, überlegt man halt doppelt und dreifach, bevor man die Firma verlässt.
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Beitrag von FRAGEN »

Hmmmm... dann jetzt mal umgekehrt: Hast Du denn schon einmal darüber nachgedacht, bei was für einer Art von Unternehmen Du Dich möglichst erfolgversprechend (+ in welcher Positionierung und mit was für Argumenten) bewerben könntest?
Chance40
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Beitrag von Chance40 »

Nicht konkret, der Stellenmarkt in der Zeitung und den Internetstellenbörsen gibt da leider nicht viel her.

Ich würde mich einfach mal informieren, welche größeren Betriebe in der Umgebung momentan wirtschaftlich stabil sind und mich umhören, wo evtl. sogar bekannt ist, dass neue MA eingestellt werden, oft bekommt man so etwas ja über Mundpropaganda mit und dann eine ansprechende Bewerbung entwerfen, in der ich mich nicht nur auf die Aufgabengebiete beschränke, die ich bisher gemacht habe sondern mich auch offen und interessiert dafür zeige, mich in komplett neue Bereiche einzuarbeiten.
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Beitrag von FRAGEN »

Die Frage sollte eigentlich zunächst einmal auf Dich und Deine Situation bezogen sein. Also erstens: Was genau hättest Du (jetzt, nicht nach eventuellen Fortbildungen) als Mitarbeiterin zu bieten und erst zweitens: Wer könnte daran den größten Bedarf haben? Wenn Du das für Dich geklärt (und übersichtlich + ansprechend sortiert) hast, kannst Du es auch gut initiativ versuchen.
mich auch offen und interessiert dafür zeige, mich in komplett neue Bereiche einzuarbeiten
Das wird m. E. nicht das sein, was in Deinem Fall auf Arbeitgeber ansprechend wirkt. Die Chance für jemanden in Deinem Alter (und Deiner bisherigen Konstanz in arbeitstechnischer Hinsicht) liegt in der gewachsenen Erfahrung und Spezialisierung. Darin, dass Du Dich in irgendetwas tiefer eingearbeitet hast als *man* das normalerweise tut. Für Neuanfänge sucht man hingegen in der Regel auch... naja... halt Neuanfänger... ;-)
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