Sehr geehrte Forumsmitglieder,
auch wenn ich mich gerade erst angemeldet habe und der folgende Text provokant formuliert ist, möchte ich dennoch eine ernsthafte Fragen aufwerfen und hoffe auf euer Verständnis.
Zunächst möchte ich sagen, dass ich nicht viel Erfahrung mit dem Bewerben habe. Doch stecke ich derzeit mittendrin, da ich so langsam mal eine Berufsperspektive für die Zukunft brauche und habe damit diverse Schwierigkeiten. Nun fallen mir sowohl bei Bewerbungsanschreiben als auch bei Vorstellungsgesprächen bestimmte Punkte bzw. Fragen immer wieder auf. Man soll doch immer direkt oder indirekt folgende Fragen beantworten:
1) Warum will man die jeweilige Tätigkeit ausführen?
2) Warum ist gerade dieses Unternehmen mein Traumarbeitgeber?
3) Warum ist man für das Unternehmen der perfekte Kandidat?
Der erste Punkt ist vielleicht kein allgemeines Problem, sondern betrifft eher mich persönlich, aber wenn ich diese Frage für ein Praktikum oder eine Ausbildung ehrlich beantworten sollte, würde ich wohl einfach sagen: Es hört sich halbwegs okay an und ich hab ein unbestimmtes Bauchgefühl, dass das vlt was für mich sein könnte.
Das darf man aber natürlich nicht schreiben, sondern soll sich irgendwas anderes aus den Fingern saugen.
Den zweiten Punkt würde man ehrlicherweise doch vermutlich auch eher so beantworten:
1. Das Unternehmen sucht jemanden für die Tätigkeit, die ich nunmal ausübe.
2. Das Unternehmen liegt in der Nähe meines Wohnortes
3. Es hat vlt einen guten Ruf oder immerhin überhaupt einen Namen.
4. Von den 20.000 anderen Unternehmen, die mich wohl auch einstellen würden, hab ich einfach noch nie was gehört, weil die vlt. zu klein sind oder sonstweswegen
5. Ich hab mich bei 30 anderen Unternehmen ebenfalls beworben, die ein ähnliches Profil haben - von DEM Traumunternehmen kann also keine Rede sein
Aber stattdessen soll man vermutlich bestimmte Vorzüge des Unternehmens in den Himmel loben, die hunderte andere Unternehmen ebenfalls vorweisen.
Der dritte Punkt ist ebenfalls eine ordentliche Hürde, denn angenommen man ist jung, hat keine Ausbildung und wenige Praktika (wenn überhaupt) gemacht. Was soll man da denn überhaupt schreiben?
"Ich bin fleißig, eifrig, lerne schnell und dies hier sind die Beispiele dafür..."? Das können alle anderen Bewerber genauso schreiben.
Und wenn man jetzt mehrere Jahre Berufserfahrung hat udn sich auf eine richtige Stelle bewirbt, werden die anderen Bewerber ja ebenfalls diese Erfahrung haben. Da sind die Beispiele dann vielleicht vielfältiger, die man für bestimmte Erfahrungen/ Qualifikationen anführen kann, doch im Endeffekt stehen die doch wieder recht einheitlich dar, oder nicht?
Was soll man denn da sagen? "Ich bin total ehrgeizig und will diesem Job um jeden Preis!"? Soll man irgendwelche Qualifikationen hervorheben, die andere genausogut haben können? Wäre die ehrliche Antwort denn nicht eigentlich: "Ich kann diesen Beruf, ich bin fleißig, tierlieb und ein guter Mensch und ich hätte den Beruf auch gerne, aber da draußen gibt es bestimmt mindestens drei Leute, die genausogut geeignet wären."?
Bei einigen Tipps hier im Forum zum Bewerbungschreiben kamen mir auch einige Sachen komisch vor. Zum Beispiel wenn man schreibt wie man auf die Stellenausschreibung gestoßen ist. Sinngemäßes Zitat: "Worte wie `Internet, Interesse, Homepage` sind tunlichst zu vermeiden".
Eine wahrheitsgemäße Beschreibung würde doch vermutlich so aussehen: "Ich bin in einer Jobbörse drüber gestolpert/ Ich finde das Unternehmen gut und habs auf deren Homepage gelesen/ Ich bin durch schlichten Zufall irgendwie drauf gestoßen".
Was soll man denn da stattdessen schreiben? "Ich stand auf dem Klo und war gerade dabei eine Uhr im Badezimmer aufzuhängen, als ich abrutschte und mit dem Kopf aufschlug. Als ich wieder zu mir kam, malte ich diese Skizze - vom Fluxkomp... ich meine.. von Ihrer Stellenanzeige!"
Oder wie ist der Tipp sinst zu verstehen?
Ich muss selbstverständlich zugeben, dass sich hier auch ein wenig mein Frust über die Mühen des Bewerbung schreibens entlädt und es mir nicht leicht fällt, mich so aufzuplustern, wie man es in Bewerbungen in gewissen Grenzen ja nunmal machen muss. Doch auch wenn das nicht so wäre, würde mir auf diese Fragen wenig einfallen, was ich guten Gewissens von mir geben könnte.
Ich hoffe ihr lasst euch von dem vermutlich provokanten Schreibstil nicht abschrecken und geht auf die zu Grunde liegende Frage ein.
Schonmal Danke im Voraus
Mars_on_Fire
Bewerben = Lügen?
Re: Bewerben = Lügen?
Hallo Mars_on_Fire!
Ich finde es sehr gut, dass Du Dir solche Gedanken machst... anstatt hier einfach wie so viele nach ein paar schnellen Redensarten zum Kopieren zu suchen. Die grundsätzliche Art, wie Du Dich mit dem Thema auseinandersetzt, scheint mir die beste Grundlage für eine wirklich lesenswerte Bewerbung zu sein... und ist BTW auch schon gleich ein bemerkenswerter Unterschied zu vielen Vergleichskandidaten...
Ich finde es sehr gut, dass Du Dir solche Gedanken machst... anstatt hier einfach wie so viele nach ein paar schnellen Redensarten zum Kopieren zu suchen. Die grundsätzliche Art, wie Du Dich mit dem Thema auseinandersetzt, scheint mir die beste Grundlage für eine wirklich lesenswerte Bewerbung zu sein... und ist BTW auch schon gleich ein bemerkenswerter Unterschied zu vielen Vergleichskandidaten...
Das sind in der Tat zentrale Fragen, die jeden Arbeitgeber interessieren... und auch interessieren müssen. Und wenn Dich die grossen Worte "Traum" und "perfekt" rein gefühlsmässig daran stören: Arbeite für Dich doch erst einmal mit den Lowrider-Versionen derselben Fragen:Mars_on_Fire hat geschrieben: 1) Warum will man die jeweilige Tätigkeit ausführen?
2) Warum ist gerade dieses Unternehmen mein Traumarbeitgeber?
3) Warum ist man für das Unternehmen der perfekte Kandidat?
Das Ergebnis müsste eigentlich dasselbe sein - und Dir zumindest ein grobes Grundgerüst für Deine Argumentation liefern...1) Warum ist diese Tätigkeit (für mich!) immer noch besser als andere?
2) Warum ist dieses Unternehmen (für mich!) immer noch besser als andere?
3) Warum bin ich (für dieses Unternehmen) immer noch ein besserer Kandidat als andere?
Daran ist im Grundsatz auch nichts falsch... aber ein deutlicher Hinweis auf (zumindest gedankliche) Faulheit ist dieses Statement schon. "Hört sich halbwegs okay an"... kann wirklich alles heissen. Interessant wäre, WARUM es sich "okay anhört", WAS sich "okay anhört"... und vor allem, was "okay" für DICH PERSÖNLICH überhaupt heisst. Ich meine... jeder Mensch findet doch andere Dinge okay... und das auch noch auf völlig unterschiedliche Weisen. Deine ist die, um die es hier geht - und genau an dieser Stelle wird es für den Leser interessant!Mars_on_Fire hat geschrieben:aber wenn ich diese Frage für ein Praktikum oder eine Ausbildung ehrlich beantworten sollte, würde ich wohl einfach sagen: Es hört sich halbwegs okay an und ich hab ein unbestimmtes Bauchgefühl, dass das vlt was für mich sein könnte.
Gleiches Thema: WOFÜR hat es den "guten Ruf"? und was hat das mit DIR zu tun?Mars_on_Fire hat geschrieben:Es hat vlt einen guten Ruf oder immerhin überhaupt einen Namen.
Das rote schon... und deshalb bringt es dir auch nichts. Die konkreten Beispiele sind hingegen wieder interessant. Es geht im Endeffekt immer darum, als individuelle Person in Erscheinung zu treten. Schon allein die blosse Existenz dieses Threads zeigt, dass diese Individualität in Dir vorhanden ist...Mars_on_Fire hat geschrieben:"Ich bin fleißig, eifrig, lerne schnell und dies hier sind die Beispiele dafür..."? Das können alle anderen Bewerber genauso schreiben.
No, Sir! Je länger zwei Menschen sich im gleichen Job befinden, desto weniger werden ihre Erfahrungen vergleichbar sein. Unabhängig davon lassen sich viele Positionen auch mit vollkommen unterschiedlichen Werdegängen erreichen. Und noch einmal unabhängig davon bewerben sich natürlich nicht nur sinnvoll Qualifizierte auf bestimmte Stellen.Mars_on_Fire hat geschrieben:Und wenn man jetzt mehrere Jahre Berufserfahrung hat udn sich auf eine richtige Stelle bewirbt, werden die anderen Bewerber ja ebenfalls diese Erfahrung haben. Da sind die Beispiele dann vielleicht vielfältiger, die man für bestimmte Erfahrungen/ Qualifikationen anführen kann, doch im Endeffekt stehen die doch wieder recht einheitlich dar, oder nicht?
Man sollte die Qualifikationen hervorheben, die an dieser Stelle sinnvoll sind... und sich über das Tun und Lassen Anderer keine Gedanken machen. Woher willst Du wissen, wer sich sonst noch alles bewirbt (und wie gut er das macht)? Vielleicht bewerben sich ja tatsächlich drei Leute, die annähernd gleich geeignet sind. Wenn einer von denen nachdenkt, wo die anderen nur platte Phrasen dreschen, kann das vielleicht schon die Entscheidung sein...Mars_on_Fire hat geschrieben:Soll man irgendwelche Qualifikationen hervorheben, die andere genausogut haben können?
Ich weiss nicht, was daran "ehrlich" sein soll. "Ich kann diesen Beruf" ist vom Aussagegehalt eine Frechheit... und klingt in dieser Pauschalisierung BTW auch nicht gerade ehrlich. Interessant wäre auch hier wieder, was genau Du an diesem Beruf zu können glaubst. Der "Fleiss" wäre ebenfalls glaubwürdiger, wenn er in einem grösseren Zusammenhang stünde... und bei dem "guten Mensch" fragt man sich wieder, was damit gemeint ist. Die drei (hundert, tausend oder keiner) Menschen sonstwo interessieren hier nicht...Mars_on_Fire hat geschrieben:Wäre die ehrliche Antwort denn nicht eigentlich: "Ich kann diesen Beruf, ich bin fleißig, tierlieb und ein guter Mensch und ich hätte den Beruf auch gerne, aber da draußen gibt es bestimmt mindestens drei Leute, die genausogut geeignet wären."?
Und warum ausgerechnet über DIESE Anzeige?Mars_on_Fire hat geschrieben:Ich bin in einer Jobbörse drüber gestolpert
WAS findest Du auf dem Unternehmen gut?Mars_on_Fire hat geschrieben:Ich finde das Unternehmen gut und habs auf deren Homepage gelesen
Das wird nicht die Wahrheit sein.Mars_on_Fire hat geschrieben:Ich bin durch schlichten Zufall irgendwie drauf gestoßen
Woher weisst Du das? Und wer könnte Dich zu irgendetwas zwingen? Schreib die Bewerbung an Dein Wunschunternehmen einmal genau so, wie Du es tun würdest, wenn Dir niemand sagte, was Du tun "sollst". Schreib genauso ehrlich, wie Du denkst... aber bitte, bitte präzise...Mars_on_Fire hat geschrieben:es mir nicht leicht fällt, mich so aufzuplustern, wie man es in Bewerbungen in gewissen Grenzen ja nunmal machen muss