Hallo liebes Forum,
vielen Dank schon einmal für eure Zeit.
Ich bin in meinem Studium der Erziehungswissenschaften an einem Tiefpunkt, was Motivation und Vertrauen in die Zukunft angeht. Und leider auch schon 28 und im 15. Fachsemester. I know, I know...
Um es schwieriger zu machen, ist mein Abiturzeugnis auch kein Glanzwerk, mit schwankender Mathenote und leider beide Physik-Halbjahresleistungen eine Bombe: 1 Punkt (jugendliche Unvernunft). Immerhin eine zwei vor'm kommasieben und gut in Englisch und Deutsch.
Aber das hier soll ein "Kopf hoch, Blick nach vorn"-Thread sein. An meinen finalen Lebenslauf setze ich mich morgen, möchte aber schon mal mein Anschreiben zur Kritik stellen. Es ist, mit einer kleinen Überarbeitungssession, noch die in einer Sitzung runtergeratterte Rohfassung.
Ein paar eigene Gedanken dazu: Siehe Ende dieses Postings.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist diese Zweiheit von abstrakter Abbildung einerseits und purer Funktion andererseits, welche mich besonders an der Bauzeichnung begeistert. Und mag meine Studienrichtung "Erziehungswissenschaften/Empirische Bildungsforschung" zunächst fachfremd klingen, so arbeitete ich doch in zahlreichen Bildungsstudien mit denselben Idealen:
Für meine Projektleitungen betreute ich umfangreiche Datensätze, berechnete Statistiken und erstellte ansehnliche und doch präzise Visualisierungen. Die Daten lieferten zuvor Testinstrumente, für deren Layout, Qualitätskontrolle sowie eng getakteten schulischen Einsatz ich mich gemäß strikten Vorgaben verantwortete; die anschließenden Auswertungsphasen geschahen im ständigen Austausch mit interdisziplinären studentischen Teams, um schließlich (überwiegend grafische) Teilergebnisse auf Forschungsplakaten, Konferenzen und als Begleitmaterial von Workshops zu präsentieren und zu diskutieren.
Auf folgendes möchte ich damit hinaus. Ich begreife die genannten Aufgabenbereiche, sowie die des Bauzeichners, vor allem als ebendies: Phasen, stets mit Vorläufer und Abnehmer, und glaube, dass das momentane Werk (bei aller Ästhetik) nicht seine Paradigmen und Normen, Zwecke, Präzision und Verwendbarkeit als oberste Ideale außer Acht lassen darf. Dieser Verantwortung möchte ich mich stellen.
Ich plane mich neu zu orientieren, weil ich an einer Karriere im höheren Bildungsforschungsbetrieb bedauerlicherweise zunehmend zweifle, trotz sehr guter Noten. Die Ausbildung als Bauzeichner bedeutet für mich dagegen die Zuwendung zu einer lange gehegten Leidenschaft: Statt Architektur nur als Wanderer mit Skizzenbuch oder Museumsstammgast zu erfahren, bin ich in einer wohldefinierten, bedeutsamen Phase an ihrer Entstehung beteiligt.
Dabei scheue ich keine Eigeninitiative: Für ein Forschungsmethoden-Seminar eignete ich mir Programmier- und Webhosting-Kenntnisse an, um für meinen kognitiven Leistungstest eine hunderte Personen umfassende Stichprobe zu gewinnen, während die restlichen Teilnehmer nur einige Umfragebögen auf dem Campus verteilten. Statistik-Neulingen bot ich als Tutor eine Stütze, und wiederholte selbst (im Rahmen einer internationalen Studie mit dem Fokus Mathematikunterricht) in Intensivkursen Quadratischen Gleichungen und Trigonometrie. Software-affin, mathematisch verständig und voller Vorfreude blicke ich auf den täglichen Umgang mit CAD-Programmen und BMI-Prozessen.
Ich freue mich sehr darauf, mich in einem Gespräch persönlich vorzustellen, Ihr Team kennenzulernen, Ihre Projekte, und was die Architektur im Innersten zusammenhält.
Mit herzlichen Grüßen
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Die Ausschreibung:
https://www.ihk-lehrstellenboerse.de/au ... rin/826970 (wenn ein Link nicht gestattet ist: Pardon, lösche sofort!)
Wie man sieht, sehr vage. Obwohl es in meiner Auswahl das renommierteste Studio ist, keine Anforderungen an Noten etc. Begreife ich jetzt mal als Chance, und werde mich umso intensiver auf ein etwaiges Vorstellungsgespräch vorbereiten.
Some Notes:
* Mein Selbstanspruch war: Keine Floskeln, keine Behauptungen, sondern alle Eignungen stets aus Beispielen ableiten.
* Vielleicht ist mein Eingangssatz etwas aufgeplustert - ich hoffe, er wirkt vor allem als ungewöhnlicher Blickfang.
* Ich habe hier viel herumgelesen, und oft las ich: Keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung. Dennoch fand ich es bei 15 Semestern in einem erstmal völlig anderen Feld angebracht, es kurz anzuschneiden, mit dem Ziel, es als Trittbrett zu nutzen statt als Selbstverteidigung.
* Was ich hier auch lernte: Lebenslauf-Einträge nicht einfach duplizieren. Ich hoffe, das ist mir gelungen.
* Mir war es wichtig, meine (völlig ungelogene) Begeisterung zu vermitteln, und zwar fernab von "schon immer fand ich..." oder einem aus dem Hut gezogenen spezifischen Erlebnis - weil das gab es nicht. Deshalb meine Narration a la
Ästhetische Theorie der Bauzeichnung und so, um zu zeigen, dass ich es nicht einfach bloß machen will für einen Monatslohn, sondern mir Gedanken machte über den Idealismus hinter dieser Profession, wisst ihr was ich meine?
* Befürchtung ist: Ich labere zu sehr über mein Fach ohne begreifbar zu machen warum. Ich rede geschwollen daher und wirke lächerlich. Ein bisschen hornbrillenhafter Effekt ist mir aber schon ganz recht, dem ich aber mit authentischer Begeisterung und Eignung Substanz zu verleihen hoffe.
Freue mich über eure Gedanken!