Ruthenium hat geschrieben:
Was die Absagegründe angeht: Deine Posts sowie die Info von diesem Bekannten waren wirklich fast wie eine Offenbarung für mich. Zwar war es mir immer klar, dass die Chemie stimmen muss und die Sympathie vorhanden sein muss. Und dass eine Absage dararuf zurückzuführen sein kann. In diesem Fall ist es auch schwierig oder gar unmöglich einem Bewerber die Wahrheit zu sagen, dass es eben daran gelegen hat, dass die Chemie nicht ganz stimmte. Aber ich hab nie gedacht, dass es zB eine Rolle spielen kann, ob jemand 1 h Autofahrt entfernt von der Firma wohnt oder nur eine halbe Stunde, ob jemand ledig oder verheiratet ist etc. Für mich waren die Absagen immer schwer zu verkraften und ich habe immer die Gründe bei mir gesucht. Besonders schwierig ist es, wenn man den Grund einfach nicht erfährt. Und oft sind das eben die Gründe, welche man persönlich nicht beeinflussen kann: diese sind einfach so, wie sie sind.
Ich verstehe dich sehr gut. Obwohl ich das genau weiß, suche ich die Gründe auch immer erstmal bei mir, wenn ich selbst mal auf der anderen Seite sitze. Sogar bei Jobs, bei denen ich mir nicht mal hundertprozentig sicher bin, ob ich sie haben wollen würde.

Man hat so automatisch ein "die wollen mich nicht, buhuhu" Gefühl und fühlt sich ausgegrenzt und abgelehnt.
Dass mit der Bewerberin mit dem kleinen Kind und der einfachen Stunde Fahrzeit finde ich schwierig zu beurteilen. Erstmal finde ich, dass man mit einem solchen Bewerber über das Thema besser reden sollte, bevor man sich deshalb dagegen entscheidet. Andererseits weiss man auch nicht, ob das wirklich der "offizielle" Grund ist. Manchmal spielt die Sympathie eine Rolle und die Entscheider wollen das nicht zugeben und kommen dann mit einem solchen Grund daher. Da steht der Entscheider im Kreise seiner Entscheiderkollegen immer noch professioneller da als würde er sagen müssen "nee, danke, die fand ich einfach furchtbar unsympathisch", wenn er das Gefühl hat, die anderen fanden sie/ihn okay.
Dass man sowas wie Fahrzeit etc. berücksichtigt, finde ich normal. Nun kann man einwenden, dass es "der Firma" doch egal sein kann, wie lange der Bewerber fährt, er kennt ja die Situation und es ist an ihm, das einzuschätzen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Oft sind Leute wahnsinnig flexibel, solange sie einen Job suchen oder diesen speziellen Job wollen. Haben sie ihn dann, ist es mit der Flexibilität schnell vorbei und später ärgert man sich dann, weil man sich denkt: "hätteste damals mal Herrn X genommen, der wohnte nur 5 Minuten entfernt und hätte jetzt kein Problem mit der organisatorischen Änderung". Nur mal so als Beispiel.
Ob jemand ledig oder verheiratet ist, spielte in allen Gesprächen, die ich bisher erlebt habe, überhaupt keine Rolle. Auch das Thema "weiblich, Ende 20 = wird bald Mutter" ist viel, viel weniger Thema, als das immer so allgemein behauptet wird. Aber dass man bereits schwierige Mitarbeiter hat, mit denen der neue klarkommen muss oder ob er durch seinen Charakter ein evtl. Ungleichgewicht im Team auf die richtige oder die Seite beeinflusst, sowas ist häufiger ein Entscheidungsgrund, als ein Außenstehender meint. Wie denn auch, er weiß doch davon gar nichts.