Ich hatte mich vor 2 Monaten auf eine Stelle im öffentlichen Dienst beworben. Ich musste einen Onlineaccount erstellen,
über 300 Multiple Choice Fragen zu allen möglichen Bereichen meiner Qualifikation beantworten und
8 Essays à maximal 800 Zeichen pro Frage schreiben. Dass es eine maximale Zeichenanzahl gab, wurde im Onlinesystem natürlich nicht erwähnt. Ich habe also ein zu der Stelle passendes Anschreiben erstellt (1 Stunde), alle Multiple Choice Fragen online beantwortet (1,5 Stunden) und 4 Stunden lang an den 8 Essay-Fragen gearbeitet, alle mit ~1200-1800 Zeichen. Erst nachdem ich alle Fragen zu meiner vollsten Zufriedenheit beantwortet hatte, klickte ich auf "weiter" im Onlinesystem und bekam prompt die Fehlermeldung, dass meine Antworten zu lang seien. Ich musste also viel kürzen (hat nochmal 1 Stunde gedauert). Am Ende war ich aber immer noch - trotz der radikalen Kürzungskur - zufrieden. Da ich Berufseinsteiger bin, kann ich nicht mit langjähriger Berufserfahrung glänzen. Ich hatte aber mMn gute Antworten auf die Essayfragen gegeben und dachte, damit punkten zu können. Die gesamte Zeit für diese eine Bewerbung hat also
rund 7 1/2 Stunden betragen, also quasi ein ganzer Bewerbungstag.
Vielleicht hat meine Bewerbung nie ein echter Mensch gesehen, da diese Onlinesysteme oft - genau wie die der privatwirtschaftlichen Firmen - eigenmächtig Bewerbungen anhand der Multiple Choice Antworten aussieben. Dass ich nicht zu dem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, fand ich aber trotzdem schade, da ich mir ja sehr große Mühe mit den Fragen gegeben hatte. Die Art der Email-Absage hat mich dann aber sehr geärgert:
"
von: <Absendermail>
Betreff: Ihre Bewerbung als xxx
An:
undisclosed recipients
Sehr geehrte Bewerberin, sehr geehrter Bewerber,
ich bedanke mich nochmals für Ihr Interesse an einer Mitarbeit beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Das Bundesministerium für xxx hat aufgrund des Anforderungsprofils der ausgeschriebenen Stelle und unter Berücksichtigung der Vielzahl der eingegangenen Bewerbungen entschieden, dass Ihre Bewerbung leider nicht in die engere Auswahl einbezogen werden konnte.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können und wünsche Ihnen für Ihren weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
xxx
"
Auf den ersten Blick eine Standardabsage. Was mich aber geärgert hat, war: Das Ministerium hat extrem viel gefordert und die Bewerbung war richtig zeitaufwändig. Die Mitarbeiter haben sich aber scheinbar selber nicht einmal die Zeit genommen, mir persönlich abzusagen. Ich heiße nicht "geehrte Bewerberin / geehrter Bewerber". Ich finde es auch eine Frechheit, dass diese unpersönliche Massenmail gleich an wahrscheinlich mehrere Hundert andere Personen geschickt wurde ("undisclosed recipients"). Das habe ich bei knapp 60 Bewerbungen bisher noch nie erlebt.
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Ansonsten sind die Absagen zu 99% inhaltlich identisch. Sehr geehrter xxx, wir danken Ihnen für ... . Aufgrund der großen Anzahl an Bewerber müssen wir Ihnen aber leider mitteilen ... wir wünschen Ihnen für Ihre berufliche Zukunft alles Gute.
Ab und zu wird noch ein "wir waren von Ihrer Bewerbung und Ihren Qualifikationen begeistert, aber ..." oder "Leider müssen wir auf Grund der hohen Anzahl an eingegangenen Bewerbungen auch hochqualifizierten Bewerber absagen, so dass wir Ihre Bewerbung für die Besetzung der Stelle leider nicht berücksichtigen konnten".
Der Inhalt der Absagen ist in nahezu allen Absagen fast wortwörtlich identisch - AGG halt. Daran habe ich mich schon gewöhnt.
Ich glaube ich schreibe als Zusatzqualifikation in meine nächsten Bewerbungen "Expertenkenntnisse im Inhalt von elektronischen Briefen auf den ersten Blick erkennen" hinen

Ich schau aktuell nur noch auf den zweiten Satz, da steht in nahezu allen Fällen das interessante drin.