Abgebrochenes Studium und Depressionen im Lebenslauf so ok?

Fragen zum Lebenslauf: Wie sieht ein tabellarischer Lebenslauf und wie ein handschriftlicher Lebenslauf aus? Welche Daten müssen unbedingt in den Lebenslauf und welche nicht?
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robinson.crusoe
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Registriert: 01.10.2009, 12:15

Abgebrochenes Studium und Depressionen im Lebenslauf so ok?

Beitrag von robinson.crusoe »

Hallo.

Nach 11 Jahren als depressiver Student, will ich endlich mein Leben in geordnete Bahnen bringen. Die letzten 13 Monate habe ich hart dafür gearbeitet. Ich bin therapiert, bin nicht dumm, habe Erfahrungen und bin extrem motiviert - aber mein LL drückt das nicht aus und bringt mich derzeit fast um den gesamten Schlaff. Aber mal von vorn...

1998 habe ich mit dem Studium begonnen. Obwohl es keine nicht bestandenen Prüfungen oder sonstige (offensichtliche) Probleme gab, habe nach zwei Jahren immer weniger gemacht. Nach einigen Monaten des Nichtstuns habe ich es "abgebrochen" - ich nenne es Hochschulwechsel, da es um das gleiche Fach an einer anderen Hochschule ging. Damals dachte ich, "falsche Uni", dadurch "keine Lust mehr" usw. Dass ich ein echtes Problem hatte, war mir nicht klar.

Das zweite Studium lief wieder super an. Bis zum Diplom lief alles nach Plan. Praktikum gemacht (6 Monate), alle Prüfungen bestanden - dann nur noch die Diplomarbeit... ich dachte, ich gönne mir vorher noch einen Monat Urlaub. Als daraus dann zwei Jahre wurden und die "schlimmen Gedanken" im Kopf beängstigend wurden, habe ich professionelle Hilfe in Anspruch genommen (Frühjahr 2007). Es hat dann aber dennoch über ein weiteres Jahr gedauert, bis ich wieder bereit war, weiter zu machen.

Ich beschloss - nach einem Gespräch mit einem Prof. der Hochschule - zuerst noch ein weiteres Praktikum zu machen und die Diplomarbeit daran anzuschließen. Ich habe auch eine Firma gefunden, die mir diese Möglichkeit gab. Nun bin ich seit etwa einem Jahr bei der Firma als Praktikant/Diplomand. Die Diplomarbeit habe ich inzwischen abgeschlossen und auch die Bestnote bekommen. Vor einigen Wochen sah es noch so aus, als ob man mich übernehmen würde, aber die Krise ist nun auch hier angelangt. Also arbeite ich derzeit Vollzeit für lau - besser als wieder zu Hause zu sitzen. Aber das ist nur eine Übergangslösung.

Das Problem: Es gibt zwar keine "klassische Lücke" im LL. Denn Schule, Wehrdienst, Studium #1, Studium #2 und derzeitige Beschäftigung gehen fast immer direkt ineinander über (ich habe mich nie an der Uni krank gemeldet). Aber ein nicht abgeschlossenes Studium und dann insgesamt 11 Jahre Studium sieht doch sehr negativ aus. Wie kann ich einem Personaler klar machen, dass ich ein Problem hatte, welches aber überwunden ist, und ich daraus gelernt habe. So war ich mein Leben lang schüchtern und unsicher. Das hat sich stark geändert. Ich habe gelernt meinen Perfektionismus gezielt zu nutzen und mir Grenzen zu setzen. Ich kann so gezielter arbeiten. Ich komme mit "psychischen Störeinflüssen" wesentlich besser zurecht - vielleicht sogar besser als viele andere, die psychisch immer gesund waren. Ich bin wirklich ein neuer Mensch. Während dieser Jahre "zu Hause" habe ich natürlich etwas getan. Ich habe mich mit meinen Fachgebiet (Softwareentwicklung) beschäftigt und auch mit daran angrenzenden Gebieten (zB Medieninformatik). Durch internationale Bekanntschaften und eine ganze Menge englischer Literatur und auch Filme habe ich meine Englischkenntnisse aufrecht erhalten und weiter verbessert. Ich denke, dass ich qualifizierter bin, als viele andere Absolventen, denn ich beschäftige mich nun schon über 20 Jahre mit der Materie. Doch ich kann es nicht belegen - meistens

Wie bringe ich das rüber? Bei der Firma, bei der ich jetzt bin ging das damals recht unkonventionell. Dort habe ich direkt einen Projektleiter gefunden (über einen ehem. Studenten, der dort arbeitete), welcher eine passende Aufgabe hatte. Erst danach kam das Gespräch mit dem Personaler - also ohne vorherige Standardbewerbung. In dem persönlichen Gespräch habe ich meine Geschichte ganz offen dargelegt und konnte durch mein Auftreten überzeugen (obwohl man anfangs sehr skeptisch war). Doch wie soll das auf dem Papier funktionieren, wenn es A) unzählige Regeln gibt, die sehr einschränken und B) "Experten" und Personaler teils gegenteilige Ansichten über diverse Details haben? Dass ich im Gespräch nach meiner langen Studienzeit gefragt werde ist mir klar, und damit habe ich kein Problem - nur wie komme ich erst einmal dahin?

Ich habe gelesen, dass in Deutschland inzwischen immer mehr eine "dritte Seite" akzeptiert wird, wie sie in vielen anderen Ländern üblich ist. Auf der man unter dem Titel wie z.B. "Zu meiner Person" Dinge ansprechen kann, die nicht so richtig ins Anschreiben oder den LL gehören, aber dennoch aussagekräftig bzgl. der Eignung sind. Oder sollte ich es doch "einfach nur" mit zwei drei Sätzen im Anschreiben abtun?

Hat jemand einen Rat? Das Entwurfs-Schema meines LLs sieht im Grunde wie folgt aus - doch wie eingangs erwähnt, spiegelt es einfach nicht das wieder, was ich wirklich kann (insbesondere, wenn ich alles, was ich nicht nachweisen kann streiche).

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Praxis:
* seit 10/2009 -- Firma XY, Softwareentwickler (Ist Vollzeit, aber als 400-€-Job, aber dass muss ich ja nicht angeben, oder?)
* 09/2009 -- Firma XY, Praktikum (Tätigkeitsbeschreibung "...")
* 03/2009-08/2009 -- Firma XY, Diplomarbeit (Thema "...", Note: ...)
* 09/2008-02/2009 -- Firma XY, Praktikum (Tätigkeitsbeschreibung "...")
* 04/2004-02/2005 -- Fortführung der vorherigen prakt. Tätigkeit im Rahmen einer Lehrveranstaltung (Nur wenige Wochenstunden. Nachweis dafür gibt es nicht. Es gab nur eine Note - nicht einmal mit Bemerkung, was man gemacht hat. Dennoch erwähnen? Ist immerhin zwei ganze Semester lang gewesen.)
* 11/2003-03/2004 -- Praktikum (Tätigkeitsbeschreibung "...")
* 09/1997 -- Mini-Praktikum (War eine Art freiwilliges Schüler-praktikum - nur eben nach dem Schulabschluss. Zeugnis abhanden gekommen - Firma gibts nicht mehr -> dennoch erwähnen?)
* 1996 -- Entwurf und Gestaltung eine Homepage für meine damalige Schule (Nachweis dafür gibt es nicht. Hab meine Halbjahresnote dafür bekommen statt Informatik-Klausuren zu schreiben.)

Ausbildung:
* 09/2001-08/2009 -- Studium Informatik #2 (Abschluss als Dipl, Note: ... )
* 10/1998-08/2001 -- Studium Informatik #1 (kein Abschluss -> Braucht das einen Nachweis?)
* bis 08/1997 -- Gymnasium (Abschluss: Abitur, Note: ...)

Sonstiges:
* 11/1997-08/1998 -- Wehrdienst

Zusatzqualifikationen:
* sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift, sowie Grundkenntnisse in Russisch
* DVD Authoring (Audio-/Video encoding, menu design, authoring)
* Führerschein Klasse B
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Frage: Wie baue ich es ein, dass ich während meiner Depression (also etwa 04/2005 bis 07/2008) z.B. an mehreren Openb-Source Softwareprojekten mitgearbeitet habe? Es gibt keinen Nachweis. Man hat ja nicht mal seinen eigenen Namen benutzt, sondern nur einen Spitznamen (nein, es war nichts illegales). "Diverse C/C++ Softwareprojekte als Hobby" klingt doof. Oder statt dessen lieber einen zusätzlichen Abschnitt, wie:

Besondere Kenntnisse:
* Betriebssysteme: ...
* Programmiersprachen: ...
* Datenbanken: ...
* Multimedia: ...
* ...

...nur da fehlt mir irgendwie der Aspekt, dass ich praktische Erfahrung damit gesammelt habe.

Ähnlich ist es damit: kann/sollte man erwähnen, falls man zB einen praktischen Beleg fürs Studium, der Pflicht war erwähnen, weil man es etwas umfangreicher erfüllt hat und ca. 6-7 Wochen in den Semesterferien dran gearbeitet hat - obwohl die gestellte Aufgabe schon nach einer Woche erfüllt war. Nachweisen lässt sich dass natürlich nicht. Nur habe ich das insgesamt dreimal während meines zweiten Studiums gemacht - schade, wenn man es nicht verwenden könnte. Und wenn doch: an welcher Stelle und wie? Auch wie oben?

Frage: Praktikum->Diplomarbeit->Praktikum bei Firma XY war im Grunde ein einziges Projekt (Die DA war quasi ein Nebenprodukt) sollte man das zusammen fassen?

Frage: Sieht es merkwürdig aus, dass ein Absolvent nach dem Studium übernommen wird, sich aber wo anders bewirbt? Firmen-untreu?


Danke an alle, die meinen langen Beitrag durchgestanden haben und mir vielleicht mit einem Hinweis helfen können.
Knightley
Bewerbungshelfer
Beiträge: 13502
Registriert: 16.03.2004, 18:52

Re: Abgebrochenes Studium und Depressionen im Lebenslauf so

Beitrag von Knightley »

Hallo,

wenn du schon gute Erfahrungen mit einer Bewerbung der unkonventionellen Art gemacht hast, dann liegt es nahe, daraus eine eigene Bewerbungsstrategie zu machen: nämlich die Verantwortlichen direkt ansprechen, bevor sie deine Bewerbungsunterlagen in den Händen halten. Und das geht eigentlich sehr gut auf Fachmessen, also nicht unbedingt nur speziellen Karrieremessen, denn auf Fachmessen sind immer innovative und wachstumsstarke Unternehmen vertreten, sonst würden sie nicht auf einer Fachmesse vertreten sein. Solche Unternehmen suchen eher regelmäßig nach Fachkräften. Auf einigen Fachmessen gibt es auch spezielle "Career Lounges" und sowas in der Art, die direkt für die Kontaktaufnahme gedacht sind. Ansonsten müsste man an den einzelnen Ständen den richtigen Moment/ Tag abpassen, um ins Gespräch zu kommen.

Zum Lebenslauf:

Die Praxisarbeiten aus der Schulzeit würde ich eher weglassen, weil zu lange her und nicht mehr deinem Qualifikationsniveau entsprechend.

Den Rest kannst du durchaus erwähnen. Du musst halt darauf achten, dass die wichtigen Sachen hinsichtlich der Tätigkeitsbeschreibung schon etwas ausführlicher dargestellt werden, damit der Lebenslauf "voller" aussieht. Das kann man auch beim Studienfach machen, auch wenn der Fachleser sicherlich weiß, was in so einem Informatik-Studium alles gelehrt wird.
(kein Abschluss -> Braucht das einen Nachweis?)
Nein, ich denke nicht.
Wie baue ich es ein, dass ich während meiner Depression (also etwa 04/2005 bis 07/2008) z.B. an mehreren Openb-Source Softwareprojekten mitgearbeitet habe? Es gibt keinen Nachweis. Man hat ja nicht mal seinen eigenen Namen benutzt, sondern nur einen Spitznamen (nein, es war nichts illegales). "Diverse C/C++ Softwareprojekte als Hobby" klingt doof. Oder statt dessen lieber einen zusätzlichen Abschnitt, wie:
Im Informatikbereich ist es ja sowieso üblich, den Kenntnisstand der verschiedenen Programmiersprachen und Computersysteme noch einmal auf einem zusätzlichen Blatt (Qualifikationsprofil) ausführlich zu vermerken, bspw. mit drei Spalten:

Code: Alles auswählen

Qualifikation         Qualifikationsniveau          praktische Erfahrungen auf diesem Gebiet (auch ohne Nachweise)
Praktikum->Diplomarbeit->Praktikum bei Firma XY war im Grunde ein einziges Projekt (Die DA war quasi ein Nebenprodukt) sollte man das zusammen fassen?
Den einen Monat nach der Diplomarbeit könnte man noch der Diplomarbeit oder der jetzigen "Voll"-Tätigkeit zuschlagen. Das vorherige Praktikum würde ich so einzelnd beschreiben.
Sieht es merkwürdig aus, dass ein Absolvent nach dem Studium übernommen wird, sich aber wo anders bewirbt? Firmen-untreu?
Das muss dann einfach aus deiner Motivation für die Bewerbung, die im Anschreiben dargestellt wird, ersichtlich werden.

Wenn du ohne vorherigen Kontakt deine Bewerbungsunterlagen verschicken willst, dann kann eine Dritte Seite Sinn ergeben, muss es aber nicht. Es kommt halt darauf an, wie man es macht und was man schreibt. Wenn man an einen "Leidensgenossen" gerät, dann ist auf der Gegenseite vielleicht Verständnis vorhanden, aber andere wiederum werden sich dadurch nicht "erweichen" lassen. :?

Zur Darstellung eines Studienabbruchs im Lebenslauf findest du hier auch noch Tipps.
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