Arbeitnehmer haben nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Das gilt auch für Praktikanten. Der Gesetzgeber gibt vor, dass das Praktikumszeugnis „wohlwollend“ formuliert sein soll, um dem Mitarbeiter die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle zu erleichtern. Tatsächlich ist es jedoch so, dass Praktikumszeugnisse häufig nicht die Wahrheit verschweigen, sondern diese zwischen den Zeilen steht. Die Arbeitsleistung des Beschäftigten wird nicht direkt bewertet, sondern durch gängige Formulierungen umschrieben. So wird die Forderung nach einem „wohlwollenden“ Zeugnis untergraben.
➤ Muster für Praktikumszeugnisse im Bewerbungsforum
➤ Einfaches und qualifiziertes Praktikumszeugnis
Ein einfaches Praktikumszeugnis enthält nur Angaben zum Aufgabenbereich des Praktikanten und die Dauer des Praktikumsverhältnisses. Nur wenn der Praktikant dies verlangt, erhält er ein qualifiziertes Praktikumszeugnis, welches Angaben über Arbeitsleistung und Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden enthält.
➤ Geheimsprache in Praktikumszeugnissen
Die „Geheimsprache“ des Arbeitszeugnisses lässt sich knacken, wenn man es anders liest, nämlich zwischen den Zeilen. Bücher über Arbeitszeugnisse enthalten Tabellen, die die Arbeitszeugnissprache der tatsächlichen Bedeutung gegenüberstellt.
Interessant sind vor allem Auslassungen und die Betonung von Selbstverständlichkeiten. Wenn zum Beispiel am Ende des Praktikumszeugnisses eine freundliche Grußformel fehlt, kann davon ausgegangen werden, dass sich Praktikant und Arbeitgeber nicht im Wohlwollen voneinander getrennt haben. Eine Angabe darüber, dass der Praktikant stets pünktlich war, ist dagegen eher ein Hinweis darauf, dass er sonst keine Qualitäten hatte.
➤ Spezielle Formulierungen im Praktikumszeugnis
Der zentrale Satz im Praktikumszeugnis beginnt mit „führte die ihm übertragenen Aufgaben…“. Danach steht die „Gesamtnote“, mit der der Vorgesetzte die Arbeitsleistung des Mitarbeiters bewertet. Wenn danach „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ folgt, entspricht dies einer sehr guten Arbeitsleistung.
Ein „vollen“ statt „vollsten“ bedeutet eine gute, ein zusätzlich fehlendes „stets“ nur eine befriedigende Leistung. Nur die Wendung „zu unserer Zufriedenheit“ bedeutet „ausreichend“. Wer schließlich „er hat sich bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden“ in seinem Praktikumszeugnis findet, hat wirklich alles falsch gemacht („mangelhaft“).
➤ Praktikumszeugnisse lassen sich auch im Guten erwirken
Der Praktikant hat auf jeden Fall einen Anspruch auf ein faires Praktikumszeugnis. Wenn es Streit gab, neigen einige wenige Vorgesetzte dazu, als „Strafe“ ein ungünstiges Praktikumszeugnis auszustellen. Wenn der Forderung nach einem den Leistungen entsprechenden Praktikumszeugnis nicht nachgekommen wird, dann kann dieses auch vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden.
Manchmal ist es jedoch keine Bosheit, sondern auch einfach nur die Unwissenheit des Vorgesetzten, die dazu führt, dass das Praktikumszeugnis schlechter ist als die tatsächlichen Leistungen des Praktikanten. Gerade Handwerksmeister, die keine personalwirtschaftliche Ausbildung haben, stellen oft Praktikumszeugnisse aus, die „aus Versehen“ negativ ausfallen. Eine genaue Prüfung des eigenen Praktikumszeugnisses sollte deshalb umgehend erfolgen, und nicht erst dann, wenn Jahre später auf die Bewerbungen nur Absagen folgen.
➤ Praktikumszeugnis selbst schreiben
Um von vornherein zu verhindern, dass das Praktikumszeugnis nicht den eigenen Vorstellungen entspricht, wird in vielen Betrieben dem Praktikanten die Möglichkeit gegeben, sein Praktikumszeugnis selbst zu formulieren. Wer dabei nicht allzu hoch pokert und sich objektiv und fair bewertet, hat gute Chancen, dass es der Arbeitgeber unverändert übernimmt. Schließlich spart der Vorgesetzte sich die Mühe, selbst eins zu schreiben. Andererseits stehen die Vorgesetzte auch unter zeitlichen Druck, sodass überdurchschnittliche Praktikumszeugnis oft auch abgesegnet werden – zum Vorteil der jeweiligen Praktikantin.